Merz über die Ausladung Steinmeiers „Vorbehalte gegen SPD-Russlandpolitik sitzen tief“

Exklusiv | Berlin · Die Ablehnung des Ukraine-Besuches von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schlägt in Berlin hohe Wellen. Nach Ansicht des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz zeige der Vorgang auch, dass die Vorbehalte gegen die SPD-Russlandpolitik tief sitzen würden. Nun versucht eine ehemaliger Bundespräsident, die Wogen zu glätten: Christian Wulff.

 Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hält die Ablehnung des Ukraine-Besuches des Bundespräsidenten für einen „diplomatischen Affront“.

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hält die Ablehnung des Ukraine-Besuches des Bundespräsidenten für einen „diplomatischen Affront“.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Damit hatte auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht gerechnet. Eigentlich wollte er am Mittwoch die Präsidenten von Polen, Litauen, Lettland und Estland in die Ukraine begleiten. Doch das deutsche Staatsoberhaupt wurde von Präsident Selenskyj ausgeladen. „Ich war dazu bereit, aber offenbar - und ich muss zur Kenntnis nehmen - war das in Kiew nicht gewünscht“, so ein zerknirschter Steinmeier. In Berlin ist jetzt eine Debatte darüber entbrannt, wie der Vorgang zu bewerten ist.

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sagte unserer Redaktion, „offensichtlich sitzen die Vorbehalte gegen die Russland-Politik der SPD in vielen osteuropäischen Ländern sehr tief. Und das wiederum kann ich gut verstehen.“ Merz übte aber zugleich Kritik an der Entscheidung. Er habe Verständnis für den „emotionalen Ausnahmezustand“ des ukrainischen Präsidenten Selenskyj. „Aber Frank-Walter Steinmeier ist gewähltes Staatsoberhaupt eines demokratischen Landes, seine Ausladung ist ein diplomatischer Affront“, so Merz weiter.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich bezeichnete die Entscheidung der ukrainischen Regierung als „bedauerlich“. Sie werde den deutsch-ukrainischen Beziehungen „nicht gerecht“, erklärte er. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) müsse jetzt auf eine Reise nach Kiew verzichten, sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch unserer Redaktion. „Bundeskanzler Scholz darf diesen Affront nicht durch einen Besuch faktisch akzeptieren und sollte die Reise nach Kiew aufschieben.“ Bartsch ergänzte, es gebe einiges, was an Bundespräsident Steinmeier zu kritisieren sei. Bei der Wahl des Bundespräsidenten im Februar habe die Linke bewusst eine Alternative angeboten. „Das Staatsoberhaupt Deutschlands allerdings so zu brüskieren und gleichzeitig täglich neue Forderungen zu stellen, halte ich jedoch auch angesichts des brutalen Krieges Putins für einen Fehler“, so Bartsch.

Die Wogen zu glätten, versuchte ein früherer Bundespräsident: Christian Wulff. „Ich hoffe sehr, dass es schnell zu einem klärenden Telefonat kommt. Der ukrainische Botschafter möge sich dafür einsetzen“, so Wulff zu unserer Redaktion. Zugleich betonte er: „Frank-Walter Steinmeier ist unser Staatsoberhaupt und repräsentiert unser Volk und unser Land und er hat sich immer redlich verhalten.“ Der ukrainische Präsident Selenskyi befinde sich seit sechs Wochen im Krieg, „seine Landsleute werden tausendfach ermordet, sein Volk soll vernichtend geschlagen und sein Land ruiniert werden. Er und seine Landsleute führen einen eindrucksvollen Kampf für Selbstbestimmung, Demokratie und Freiheit.“ Man müsse daher jetzt „zusammenstehen, gemeinsam, gegen die unerträgliche russische Aggression", sagte Wulff.

(has)
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