Konjunkturgipfel Merkel will bis Februar warten

Berlin (RP). Das Gipfeltreffen im Kanzleramt nutzte die Bundesregierung zu einer umfassenden Bestandsaufnahme der Wirtschaftskrise. Der Handlungsdruck ist groß. Vertreter von Wirtschaft und Gewerkschaften verlangten schnelle Maßnahmen. Die Kanzlerin vertröstete die Besucher auf Ende Januar.

Die Gastgeberin hatte den Rahmen richten lassen für eine vorweihnachtliche Bescherung. Im großen Kabinettssaal des Kanzleramts brachte Regierungschefin Angela Merkel am Sonntagnachmittag 31 Top-Manager, Wirtschaftsforscher und Gewerkschaftsbosse bei Kaffee und Keksen, später Rinderbrühe, Grünkohl mit Kassler und einer Käseplatte, an einen Tisch.

Geschenke an die Bürger wird es nicht geben

Doch finanzielle Geschenke an Verbraucher und Steuerzahler, so viel war schon vorher erklärt worden, werde es auch nach der ersten Zusammenkunft von Merkels nationalem Krisen-Rat nicht geben. Entscheidungen über weitergehende Konjunkturmaßnahmen würden frühestens Ende Januar fallen, ließen Merkel und ihr Stellvertreter, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), durchblicken. Man wolle abwarten, wie die bereits beschlossenen Maßnahmen wirken, heißt die offizielle Version.

Alle warten auf Barack Obamas Mega-Hilfsprogramm

Intern wird die Amtsübernahme des gewählten US-Präsidenten Barack Obama als Ursache genannt. Obama will in seiner ersten Rede als Präsident Mitte Januar ein gigantisches Konjunkturprogramm ankündigen und so die weltweite Agenda der Krisenmanager diktieren. Das will Merkel abwarten.

So durften die versammelten Wirtschaftsführer und Experten in der von Merkel moderierten Gesprächsrunde gestern zunächst munter ihre eigenen Ideen für ein Krisenpaket präsentieren. Überraschungen gab es nicht, wie ein Teilnehmer in einer ersten Sitzungspause unserer Redaktion berichtete. Demnach hätte es nach den einführenden Worten der Kanzlerin eine "interessengeleitete Wünsch-dir-was-Runde” von Konjunkturhilfen gegeben.

DGB-Chef fordert 60-Milliarden-Programm

Gewerkschaftsvertreter wie Michael Sommer (DGB) forderten ein 60-Milliarden-Investitionsprogramm ergänzt durch Konsumgutscheine für Geringverdiener. Arbeitgeberpräsident Hundt plädierte in seinem Wortbeitrag für rasche Abgabensenkungen, Unternehmensführer wie René Obermann (Telekom) und Peter Löscher (Siemens) sprachen sich für Investitionshilfen aus.

Nur bei der Kritik an der Knauserigkeit der Banken soll es dem Teilnehmer zufolge "grenzüberschreitend Einigung” gegeben haben. Die Gefahr einer "Kreditklemme” sei das zentrale Problem in der Krise, warnte beispielsweise Industrieverbandspräsident Jürgen Thumann. Auch Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) soll sich bei dem Thema in das Gespräch eingeschaltet und die anwesenden Bankenvertreter zu stärkerem Engagement ermahnt haben.

Bundesbank-Chef Axel Weber brachte seine Überlegungen für eine staatliche Clearingstelle für den Kredithandel zwischen den Banken vor. Demnach könnte der Staat den gesamten Kredithandel zwischen den Instituten öffentlich absichern und so das Misstrauen lockern.

Zentrale Akteure der Wirtschaft werden in die Pflicht genommen

Die Banken-Vertreter am Tisch, allen voran Banken-Präsident Klaus-Peter Müller und Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, sollen den Vorschlag zustimmen, hieß es. Die Regierung will indes abwarten, ob sie das Banken-Rettungspaket um eine solche staatliche Absicherungsstelle erweitert. Das Ergebnis der Sitzung stand vor Redaktionsschluss nicht fest.

Dennoch dürfte der Erfolg vor allem darin bestehen, dass die Regierung die zentralen Akteure aus der Wirtschaft nun in die Pflicht für weitere Konjunkturhilfen genommen hat. Ganz im Sinne einer "konzertierten Aktion”, wie sie Bundespräsident Horst Köhler gefordert hatte. Klar ist, dass es ein Konjunkturpaket II Ende Januar geben wird. Nur was drin steckt, bleibt eine Überraschung.

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