Nach fünfstündigem Spitzengespräch zur Gesundheitsreform Merkel und Stoiber weit von Einigung entfernt
Berlin (rpo). Beinahe fünf Stunden hatten die CDU-Vorsitzende Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber in Berlin zusammen gesessen. Doch als das Spitzengespräch über eine grundelegende Reform des Gesundheitswesens am Freitagmorgen zuende ging, waren beide Seiten noch weit von einer Einigung entfernt.
Wie die Generalsekretäre Laurenz Meyer (CDU) und Markus Söder (CSU) am frühen Freitagmorgen in Berlin berichteten, wurde lediglich eine Reihe von Punkten identifiziert, die jetzt von einer Arbeitsgruppe geklärt werden sollen. Mitte oder Ende Oktober solle in größerer Runde zusammen mit den Gesundheitsfachleuten beider Parteien weiter verhandelt werden, erklärten die Generalsekretäre.
Man hoffe, dass es dann zu Ergebnissen kommen werde. Meyer sagte, man sei sich in dem Ziel einig, dass die Gesundheitskosten von den Arbeitskosten abgekoppelt werden sollen. Auf die Frage, ob Ergebnisse auf jeden Fall vor den Parteitagen von CSU im November und CDU im Dezember angestrebt werden, antwortete Söder ausweichend: Man habe den Wunsch nach einer gemeinsamen Lösung, aber Qualität gehe vor Schnelligkeit.
Beide Unionsparteien haben gravierende Differenzen in ihren Vorstellungen zur Gesundheitsreform. Die CDU will eine Einheitsprämie für alle Versicherten einführen und den notwendigen sozialen Ausgleich im Umfang von rund 35 Milliarden Euro aus Steuergeldern finanzieren. Die CSU hingegen will zehn einkommensabhängige Prämienstufen, den sozialen Ausgleich also innerhalb des Systems durch unterschiedlich hohe Beiträge erreichen.
Im ZDF-Morgenmagazin sagte Meyer, die Union wolle mit dem Thema Gesundheitsreform den nächsten Wahlkampf führen. Daher wolle sie ein Konzept präsentieren, das vor allem im Wettbewerb mit der von der SPD favorisierten Bürgerversicherung wirklich stichhaltig sei. Es gebe "drei, vier offene Punkte - die werden wir klären".
Nach Informationen der "Bild"-Zeitung hat Stoiber bei dem Treffen einen "Generationenfonds" vorgeschlagen, der künftige Risiken für die sozialen Sicherungssysteme auf Grund des veränderten Altersaufbaus der Bevölkerung absichern soll. In diesen Fonds sollten alle Bürger einen bestimmten Prozentsatz ihres Einkommens einzahlen.
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch äußerte sich im Deutschlandradio zuversichtlich, dass es am Ende ein gemeinsames Konzept der Union geben werde. "Das wird ein wenig dauern, aber wir werden das schaffen." Es handele sich um eine der substanziellsten inhaltlichen Auseinandersetzungen, die es in den letzten Jahren in der Union gegeben habe.
Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler riet seiner Partei, sich dem Konzept der CSU anzuschließen. Deren Stufenmodell verhindere, dass der soziale Ausgleich über milliardenschwere Steuersubventionen erfolgen müsse. Die von der CDU beschlossene Kopfpauschale sei falsch, und Merkel müsse die Kraft und den Mut haben, "auch einen Irrtum einzusehen".
Der Vize-Vorsitzende der SPD-Fraktion, Joachim Poß, riet der CDU, ihre "Lebenslügen von Einheitsbeiträgen bei der Gesundheit und Einfachkonzepten bei der Steuer" zu begraben. Grünen-Fraktionschefin Krista Sager meinte, die Union sollte statt einer Arbeitsgruppe einen Vermittlungsausschuss einsetzen, der wie bei einer Papstwahl so lange tage, "bis endlich irgendwann Rauch aufsteigt".