Merkel über Erdogan „Inakzeptable Politik auf Rücken der Flüchtlinge“

Berlin · In Syrien sind die Kämpfe eskaliert, die Menschen drängen in Richtung Türkei. Doch die hat schon viele Hilfesuchende aufgenommen und will Flüchtlinge zur EU weiterziehen lassen. Kanzlerin Merkel wählt deutliche Worte.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wegen seines Umgangs mit Flüchtlingen harsch kritisiert. „Der türkische Präsident fühlt sich im Augenblick nicht ausreichend unterstützt“, sagte Merkel am Montag in Berlin. Bei allem Verständnis sei es aber „völlig inakzeptabel, dass man das jetzt auf dem Rücken von Flüchtlingen austrägt. Denn die Flüchtlinge sind jetzt in eine Situation gebracht worden, dort an die Grenze zu gehen und im Grunde in einer Sackgasse zu landen“.

Erdogan hatte am Samstag verkündet, die Türkei habe für die Flüchtlinge im Land die Grenzen zur EU geöffnet. Daraufhin machten sich Migranten auf den Weg. Dazu sagte Merkel, das sei nicht „unsere Politik“. Es gehe vielmehr darum, Vereinbarungen zwischen Staaten zu schließen, die nicht die Situation der Flüchtlinge verschlimmerten, sondern Schleppern und Schleusern das Handwerk erschwerten.

„Die Türkei hat sehr viel geleistet“, betonte Merkel. Das Land habe mehr als drei Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen und mindestens eine Million Menschen aus Pakistan und dem Iran. „Die Situation hat sich für die Türkei jetzt noch einmal sehr, sehr drastisch entwickelt durch das, was in Idlib stattfindet.“ Syrische Regierungstruppen haben im Dezember eine Offensive auf Syriens letzte große Rebellenregion im Nordwesten des Landes gestartet. Viele Syrer fliehen nun um ihr Leben.

Die Situation in der syrischen Provinz Idlib sei „eine riesige Herausforderung“, sagte Merkel. Deshalb verstehe sie, dass die Türkei von der Europäischen Union mehr Unterstützung erwarte.

Merkel berichtete, sie habe sowohl mit Erdogan als auch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron sehr eingehend darüber gesprochen, wie den Menschen in Syrien humanitäre Hilfe zu leisten sei, wie ein Waffenstillstand erreicht werden und wie vielleicht auch die Türkei unterstützt werden könne. Mit Macron und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, der die syrische Regierung unterstützt, habe sie auch über die Möglichkeit einer „geschützten Zone“ für Menschen an der türkischen Grenze gesprochen.

Am Wochenende hätten die EU-Kommission, EU-Ratspräsident Charles Michel und EU-Kommmissionschefin Ursula von der Leyen sehr intensive Diskussionen mit der Türkei und Griechenland geführt, sagte Merkel. Das Thema sei nur zu lösen, wenn das EU-Türkei-Abkommen wieder von beiden Seiten als „ausreichend und auch als umgesetzt akzeptiert wird“. Sie sagte: „Damit habe ich mich am Wochenende sehr viel beschäftigt.“

(ala/dpa)
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