Hamburg-Wahl: Die Reaktionen in Berlin Merkel sieht regionale Gründe für Schlappe

Berlin (RPO). Enttäuschung bei der CDU, Jubel bei der SPD, Hoffnung bei der FDP, Tatendrang bei den Grünen: In der Bundeshauptstadt Berlin wurde am Montag das Ergebnis der Hamburg-Wahl analysiert. Bundeskanzlerin Merkel sieht Schwarz-Grün vorläufig am Ende.

Scholz jubelt - Ahlhaus wie versteinert
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Aus Sicht von CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Schlappe der Hamburger CDU bei der Bürgerschaftswahl regionale Ursachen. Zunächst habe die CDU in der Schulpolitik "nicht das Gefühl der Menschen getroffen", so Merkel. Und dann sei im vergangenen Sommer auch noch der damalige Bürgermeister Ole von Beust (CDU) zurückgetreten. Das habe viele CDU-Wähler enttäuscht. Dass die Grünen die Koalition verlassen hätten, habe die Lage "noch zugespitzt".

"Schwierige Situation" für Ahlhaus

Beusts Nachfolger Christoph Ahlhaus habe von Beginn an "eine schwierige Situation" zu meistern gehabt, trotz der zurückliegenden zehn Jahre "sehr erfolgreicher" Regierungsarbeit, sagte die CDU-Chefin. Doch sei ein Vertrauensverlust eingetreten. Ihr Fazit aus der Hamburg-Wahl laute: "Die Wähler schätzen Zuverlässigkeit."

Die Grünen stempelte Merkel erneut als "Dagegen-Partei" ab. Die Partei torpediere wichtige Großprojekte, habe die Hamburger Koalition verlassen und nun auch die Hartz-Vermittlungsgespräche. Das mache die Zusammenarbeit auf Länderebene "nicht einfacher". Auf Bundesebene sei ein solches Bündnis sowieso "ein Hirngespinst", sagte sie. "Das gehört zur Wahrheit des gestrigen Tages."

Ahlhaus sprach von einer "schmerzhaften Niederlage". Schon im Koalitionsvertrag von 2008 seien den Grünen zu große Zugeständnisse gemacht worden, sagte er.

Minutenlanger Applaus für Scholz

Die Angestellten der SPD-Bundeszentrale haben den Hamburger Wahlsieger Olaf Scholz unterdessehn mit minutenlangem Applaus gefeiert. Der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel überreichte Scholz am Montagvormittag in Berlin einen Strauß aus roten Ranunkeln und Mohn. Gabriel erklärte: "Der Beifall zeigt, wir freuen uns über jeden Wahlsieg, aber über diesen ganz besonders."

Dass Hamburg wieder sozialdemokratisch und sogar mit absoluter Mehrheit regiert werde, sei das Werk von Scholz und der Hamburger SPD, sagte Gabriel. "Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank für diesen wunderbaren Wahlkampf und diesen wunderbaren Erfolg."

"Wahl-Versprechen halten"

Scholz wiederholte, in Hamburg sei ein sehr beeindruckendes Wahlergebnis zustande gekommen. "Ich bin auch noch sehr beeindruckt." Er wolle vor allem diejenigen nicht enttäuschen, die zum ersten Mal SPD gewählt hätten. Was vor der Wahl gesagt worden sei, werde auch nach der Wahl eingehalten.

Hamburg müsse wieder gut regiert werden, erklärte der künftige Erste Bürgermeister der Hansestadt. "Es geht um Pragmatismus, der in der Politik auch eine große Rolle spielen muss, und es geht darum, dass man wirtschaftliche Kompetenz und das Gefühl für den sozialen Zusammenhalt nicht als Gegensatz, sondern als Einheit begreift."

Die Hamburger SPD werde aus einem guten Wahlergebnis auch etwas Gutes machen, versprach Scholz. Er gab das Startsignal dafür mit den Worten: "Die Arbeit beginnt jetzt."

Siegerlächeln bei Westerwelle

FDP-Chef Guido Westerwelle präsentierte ein Siegerlächeln, als er am Montag um Viertel vor Zehn ins Thomas-Dehler-Haus stolziert. Wiedereinzug ins Hamburger Parlament geschafft, Niedergang der Liberalen gebremst, die eigene Position gefestigt - der Punkt geht an Westerwelle, und das sieht man dem viel geschmähten Vorsitzenden an.

In Hamburg hatte die junge und auf Bundesebene weitgehend unbekannte Spitzenkandidatin Katja Suding mit 6,6 Prozent klar die Fünf-Prozent-Hürde genommen, die in diesen Tagen für die Liberalen zur Angstschwelle geworden ist. Und nach den 2,8 Prozent von 2004 und den 4,8 Prozent von 2008 zeigt die Statistik für die FDP einen klaren Aufwärtstrend. "Vor einigen Wochen hätte den Liberalen in Hamburg dieses Ergebnis niemand zugetraut", triumphierte Suding am Tag danach.

Özdemir: Die Ärmel hochkrempeln

Die Grünen wollen ihr Hamburger Wahlergebnis nicht am jüngsten Höhenflug in Umfragen messen lassen. "Natürlich ignorieren wir die Umfrageergebnisse nicht", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir am Montag in Berlin. Die Voraussagen der Demoskopen seien eine Motivation, aber keine Grundlage, um danach den eigenen Wahlerfolg zu beurteilen. Ausschlaggebend dafür sei immer das letzte Wahlergebnis. In Hamburg hätten die Grünen nun im Vergleich zur jüngsten Wahl 2008 zugelegt. Dies sei ein Erfolg.

Die Hamburger Grünen-Spitzenkandidatin Anja Hajduk räumte ein, das Wahlergebnis sei "nicht so gut, wie wir es uns gewünscht hätten". Dennoch sei es ein "Zugewinn unter durchaus schwierigen Rahmenbedingungen".

Özdemir betonte, im Wahljahr stehe den Grünen noch harte Arbeit bevor. "Wir werden die Ärmel hochkrempeln müssen."

Lafontaine als Zugpferd

Nach den Wahlkampfauftritten von Oskar Lafontaine in Hamburg setzt die Linke im Superwahljahr 2011 auch weiter auf die Hilfe ihres ehemaligen Vorsitzenden. "Ich hoffe, dass er uns auch in den weiteren Wahlkämpfen zur Verfügung steht, und so wie ich das mit ihm abgesprochen habe, wird er das auch tun", sagte Linke-Chef Klaus Ernst am Montag in Berlin und fügte hinzu: "Selbstverständlich hilft Oskar Lafontaine uns dort, wo er im Wahlkampf auftritt, immer."

(apd, AFP, rtr/pes-)
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