Debatte um Verantwortung Merkel schaltet sich in Dioxin-Skandal ein

Berlin (RPO). Im Streit um die Verantwortlichkeiten des Dioxin-Skandals hat sich jetzt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Wort gemeldet. Sie habe mit Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) und Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) gesprochen, um zwischen den Kontrahenten für "Ruhe" zu sorgen. Unter diesem Eindruck soll Aigner inzwischen ihre Forderung nach "personellen Konsequenzen" in Niedersachsen wegen der neuerlichen Ausweitung des Skandals zurückgenommen haben.

Dioxinskandal: Was kann man noch essen?
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Foto: dapd

Außerdem räumte die CSU-Politikerin ebenso wie das niedersächsische Agrarministerium am Sonntagabend ein "Kommunikationsproblem" ein. Beide Seiten hätten das Problem mittlerweile "zur beiderseitigen Zufriedenheit" gelöst. Man wolle sich nun wieder gemeinsam dem Verbraucherschutz widmen.

"Kommunikationsproblem"

Der Dioxin-Verdacht gegen einen weiteren Futtermittelhersteller in Niedersachsen hatte am Wochenende zu einem offenen Streit zwischen Aigner und der schwarz-gelben Landesregierung in Hannover geführt. Aigner warf dem Land schwere Versäumnisse vor und forderte McAllister zum Durchgreifen auf. Der designierte niedersächsische Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) und McAllister wiesen die Vorwürfe zurück. Einfach auf Zuruf der Bundesministerin werde er garantiert keinen politischen Beamten, der derzeit das Krisenmanagement in Niedersachsen leite, an die Luft setzen, sagte Lindemann der Nachrichtenagentur dapd.

Bundeshilfe für betroffene Länder

Erneut bot Aigner Bundeshilfe an: "Ich erneuere mein Angebot an die Länder, für die noch ausstehenden Dioxin-Tests auch die Analyse-Kapazitäten der Bundeseinrichtungen in Anspruch zu nehmen." Gleichwohl machte die Ministerin weiter Druck: "Ich erwarte von den betroffenen Ländern, dass sie die Untersuchung der noch geschlossenen Höfe mit Hochdruck fortsetzen und die Analysen so bald wie möglich abschließen. Verbraucher und Landwirte brauchen Klarheit."

Seehofer: Kontrollen kontrollieren

Unterdessen hat Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ein einheitliches Vorgehen aller Bundesländer angemahnt. "Das liegt seit Jahren in Deutschland im Argen." Die wichtigste Frage sei nun die nach der Wirksamkeit der bisherigen Kontrollen. So müsse die freiwillige Selbstkontrolle der Wirtschaft durch den Staat kontrolliert werden. "Das ist Aufgabe der Länder", sagte Seehofer. "Im Interesse der Verbraucher müssen wir dafür sorgen, dass die Kontrollen in den dafür zuständigen Ländern nach einheitlichen Standards durchgeführt werden." Und auch die Länder müssten überprüft werden, ob sie ihre Aufgaben auch erfüllten.

Rückendeckung für Aigner aus der Union

Mit ihrer Forderung nach mehr Kompetenzen für den Bund bei der Futtermittelkontrolle hat Aigner inzwischen Unterstützung aus den eigenen Reihen erfahren. Nach Ansicht des für Verbraucherschutz zuständigen Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) sei es sinnvoll, die Kontrollkompetenzen beim Bund zu bündeln, weil das Problem der Futtermittelvergiftung nur noch europaweit gelöst werden könne. "Der Skandal bestätigt, dass es nicht so bleiben kann, wie es ist." Der Bund müsse nun jene Zuständigkeiten bekommen, die ihm die Öffentlichkeit fälschlicherweise ohnehin schon zugewiesen habe.

Dioxin-Skandal nicht für Wahlkampf missbrauchen

Kritik aus den Reihen der Opposition an ihrer Arbeitsweise wies Aigner scharf zurück. "SPD und Grüne müssen sich entscheiden: Wollen sie Wahlkampf machen oder die Verbraucher wirksam schützen?" Die Bürger würden Lösungen erwarten, betonte die Ministerin. "Mein Aktionsplan deckt sich in vielen Punkten auch mit den Vorstellungen von SPD und Grünen." Demgegenüber fehle "bei Rot-Grün allerdings das klare Bekenntnis, die Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung verbessern zu wollen. Und vor allen Dingen bundeseinheitlich Intensität und Qualität der Überwachung laufend zu überprüfen." Die Menschen müssten sich darauf verlassen können, "dass alle Lebensmittel, die auf den Markt kommen, sicher sind", betonte Aigner.

(apd/felt)
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