Trotz weiterer Kritik aus der CSU Merkel ruft Union zur Geschlossenheit auf

Berlin (RPO). Mit einem Appell zur Geschlossenheit hat Bundeskanzlerin Angela Merkel auf den wachsenden Unmut in der Union über ihren politischen Kurs reagiert. "CDU und CSU werden ein gemeinsames Wahlprogramm beschließen, dem jeder in der Union verpflichtet ist", sagte sie in einem Interview.

Die Merkel-Kritiker in der Union
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Foto: AP

Ihre Kritiker in der CSU verstummten trotzdem nicht. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann warf ihr vor, "unnötige Probleme aufgerissen" zu haben. "Das hätte es so nicht gebraucht. Wir haben Schwierigkeiten genug."

Auch die Angriffe des Koalitionspartners SPD gegen die Kanzlerin hielten an. Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier stellte ihre Führungsfähigkeit in der Finanzkrise infrage.

Merkel war in den vergangenen Tagen aus den eigenen Reihen zunehmend unter Druck geraten. Prominente Vertreter der CSU und konservative Mitglieder ihrer eigenen Parteien zeigten sich vor allem mit der Kritik der CDU-Chefin am Papst, ihrem Vorgehen im Streit mit Polen über das Vertriebenenzentrum und den Verstaatlichungstendenzen bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise unzufrieden.

Merkel würdigt Steinbachs Rückzug

Merkel verteidigte ihr Vorgehen. "Die Exzesse der Märkte, die die Krise ausgelöst haben, zwingen uns dazu, Grenzen zu überschreiten", sagte sie in dem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der "Bild"-Zeitung. Nach der Krise werde man wieder zur Normalität in der Wirtschaftspolitik zurückkehren.

Die Kanzlerin verteidigte auch ihre Kritik am Papst im Umgang mit dem Holocaust-Leugner Richard Williamson. "Es ist für mich Teil der deutschen Staatsräson, dass, wie ich es gesagt habe, eine Leugnung des Holocaustes niemals ohne Folgen im Raum stehenbleiben kann", sagte sie. "Darum ging und geht es mir."

Den Verzicht der Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach auf einen Posten im Stiftungsrat für das Vertriebenenzentrum bezeichnete Merkel als große Geste. Damit habe die CDU-Abgeordnete einen schnellen Beginn der Errichtung der Dokumentationsstätte ermöglicht. "Ich war mir bewusst, dass das zu Enttäuschungen führt", räumte die Kanzlerin allerdings ein.

Den Vorwurf, sie verprelle mit ihrem Kurs wertkonservative Parteimitglieder, wies Merkel ebenfalls zurück. Die Union habe drei Wurzeln: die christlich-soziale, die liberale und die konservative. "Alle drei Strömungen brauchen wir in der Union, und nur mit ihnen erreichen wir als Volkspartei ganz unterschiedliche Menschen."

"Wo steht die Kanzlerin?"

Herrmann warf Merkel vor, die Stammwähler der Union zu verärgern. "Die Wähler erwarten, dass die Union einen klaren Kurs fährt und dass dies auch nach außen wahrnehmbar ist", sagte der CSU-Politiker und forderte: "Je näher der Wahltag rückt, um so schneller muss wahrgenommen werden: Wo steht die Kanzlerin?"

Steinmeier bemängelte in einem "Stern"-Interview, dass Merkel den Alleingängen der CSU nicht Einhalt gebiete. Auf die Frage, was er als Regierungschef anders machen würde, antwortete Steinmeier laut Vorabbericht des Magazins: "Ich würde Herrn Seehofer klarmachen, dass die bayerische CSU einer gesamtdeutschen Regierung angehört und sich deshalb auch so zu verhalten hat."

Zudem würde er mit der Wirtschaft, den Gewerkschaften und auch der Opposition "die Kräfte der Gemeinsamkeit" stärken, sagte der SPD-Kanzlerkandidat. Anders als Merkel habe er über Jahre bewiesen, "dass man Kompass auch in der Krise bewahren kann", sagte Steinmeier.

(AP)
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