Vorwürfe an Bush Merkel kritisiert USA wegen CIA-Gefängnissen

Frankfurt/Main (rpo). Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die USA scharf kritisiert. Hintergrund ist der Streit um geheime CIA-Gefängnisse in Europa. Solche Lager seien nicht mit ihrem Verständnis von Rechtsstaatlichkeit vereinbar, so Merkel.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble verwies zudem auf das Gefangenenlager Guantanamo und bezeichnete die Praxis der US-Regierung als sehr fragwürdig. US-Präsident George W. Bush hatte am Mittwoch erstmals die Existenz der Gefängnisse eingeräumt, die die US-Geheimdienstbehörde CIA im Ausland unterhält.

Merkel erklärte, auch beim Kampf gegen den Terrorismus, der die freien Gesellschaften in nicht gekannter Weise herausfordere, dürfe der Zweck nicht die Mittel heiligen. "Wir müssen hier angemessene Antworten finden, wie wir den Terroristen begegnen, ohne unsere fundamentalen Prinzipien und Grundwerte in Frage zu stellen", sagte die CDU-Chefin. Sie begrüßte aber, dass Bush das Thema nun selbst auf die Tagesordnung gesetzt habe.

Schäuble sagte, er habe nie einen Grund dafür gesehen, "dass man Terrorverdächtige, wie in Guantanamo, außerhalb der Rechtsprechung amerikanischer Gerichte inhaftiert". Dies sei sehr fragwürdig, sagte der CDU-Politiker der "Passauer Neuen Presse". US-Präsident Bush und alle anderen Inhaber staatlicher Gewalt unterlägen ebenso selbstverständlich gerichtlicher Kontrolle wie in jedem anderen Rechtsstaat. "Es gibt in Sachen Folterverbot kein Augenzwinkern", erklärte Schäuble. Es gebe Grenzen, die nicht aufgeben werden dürften. "Hier haben die Amerikaner Fehler gemacht", erklärte der Innenminister. Schäuble betonte aber zugleich, die Stärke der US-Demokratie liege darin, dass Fehler erkannt und abgestellt würden. In Deutschland gebe es nach seiner Kenntnis keine geheimen CIA-Gefängnisse.

SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz schloss sich der Kritik an. "Ich begrüße die Stellungnahmen gegenüber der US-Administration. Deutschland reagiert auf den islamistischen Terrorismus mit den Mitteln des Strafrechts, die Vereinigten Staaten aber militärisch. Deutschlands Position ist die klügere", sagte Wiefelspütz der Tageszeitung "Die Welt" (Montagausgabe). Geheime CIA-Gefängnisse seien der falsche Weg.

Auch der Grünen-Politiker Volker Beck begrüßte Merkels Erklärung, kritisierte aber, dass weiterhin keine Konsequenzen gezogen würden. "Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie bei den CIA-Flügen im deutschen Luftraum entweder von den Amerikanern nachprüfbare Passagierlisten verlangt oder alle amerikanischen Maschinen im deutschen Luftraum entsprechend überprüft", erklärte Beck.

EU-Ermittler Marty nennt Bush Manipulator

Der Terror-Sonderermittler des Europarats, Dick Marty, bezeichnete Bush wegen seines Eingeständnisses als Manipulator. Bushs Äußerungen seien ein Schachzug, der mit den bevorstehenden Kongresswahlen in den USA zu tun habe, sagte er in einem Interview der Schweizer Zeitung "SonntagsBlick". Bushs Behauptungen, wonach die Gefängnisse einen entscheidenden Beitrag im Kampf gegen den Terrorismus geleistet hätten, seien überhaupt nicht erhärtet.

Er sei zudem überzeugt, dass man erst die halbe Wahrheit kenne. "Wir haben eine Verpflichtung, solche furchtbaren Tatsachen wie Geheimgefängnisse anzusprechen und zu verurteilen", sagte Marty. Dazu sei nun die Politik gefordert.

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort