Personeller Aderlass in der CDU Merkel ist einsam an der Spitze

Düsseldorf/Hamburg (RPO). Mit Ole von Beust verliert die CDU den sechsten Länderchef innerhalb eines Jahres. Es wird zunehmend einsam um Kanzlerin Angela Merkel. Kritiker sprechen von Auflösungserscheinungen in der Unionsspitze. Nun werden Nachrücker für die Führungspositionen in der Partei benötigt - aber gutes Personal ist rar.

In diesen Tagen ist Bundeskanzlerin Angela Merkel innerhalb der CDU die unangefochtene Alleinherrscherin. Sechs Spitzenkräfte sind ihr innerhalb eines Jahres abhanden gekommen, innerparteiliche Rivalen nicht mehr vorhanden. Dieter Althaus (Wahl-Schlappe/Ski-Unfall), Günther Oettinger (nach Brüssel weggelobt), Jürgen Rüttgers (abgewählt), Roland Koch (keine berufliche Perspektive in der Politik), Christian Wulff (neue berufliche Herausforderung) und nun Ole von Beust (keine Lust mehr/Pensionsgrenze erreicht) sind (bald) nicht mehr im Amt.

Was auf den ersten Blick wie eine Ausdünnung der Konkurrenz erscheinen mag, stellt jedoch ein Problem dar. "Es zeigt sich insgesamt eine dramatische personelle Verarmung der Union", schreibt der Politikwissenschaftler und Merkel-Biograf Gerd Langguth im "Handelsblatt". "Das ist ein personeller Aderlass, der die Union beeindruckt", sagte der Innenpolitiker Wolfgang Bosbach auf "n-tv".

Der Partei geht durch beim Spitzenpersonal auch eine thematische Vielfalt verloren. Der scheidende Hamburger Bürgermeister Ole von Beust personifizierte eine liberale Großstadt-CDU, die ihn für viele wählbar machte. Roland Koch und Günther Oettinger verkörperten Wirtschaftskompetenz, während der selbsternannte Arbeiterführer Jürgen Rüttgers soziale Themen besetzte. Christian Wulff, letzter potenzieller Merkel-Konkurrent, ist nun der Herr von Schloss Bellevue. Diese Planstelle wiederum wurde erst durch die Aufgabe des früheren Bundespräsidenten Horst Köhler (auch keine Lust mehr) frei.

Kauder beschwichtigt

Der personelle Aderlass ist offensichtlich. Während die Presse den Finger in die Wunde legt, versucht Fraktionschef Volker Kauder, die Wogen zu glätten. Er sehe in der Serie von Amtsaufgaben der Ministerpräsidenten keine Auflösungserscheinungen. Im ARD-Morgenmagazin sagte der Politiker am Montag: "Ich würde das nicht so dramatisch sehen." In jeder Partei gebe es Phasen der personellen Erneuerung, sekundierte CSU-Chef Horst Seehofer am Montag via "Bild". "Schwächer wird man dabei nur, wenn man dann nicht genügend gute Talente neu in Position bringt."

Doch genau hier liegt augenscheinlich das Problem. Politische Schwergewichte sind nicht einfach zu ersetzen, mögliche Nachfolger müssen sich erst profilieren. Gerhard Schröder (SPD) löste diese Aufgabe seinerzeit sehr geschickt, indem er sogar teils abgewählte Ministerpräsidenten (beispielsweise Hans Eichel aus Hessen) ins Kabinett holte. Doch Merkel beachtete die bundespolitischen Ambitionen eines Roland Koch beispielsweise nicht. Andere Kandidaten wie Friederich Merz und Edmund Stoiber manövrierte sie aus.

Kandidaten gesucht

Nun muss sich die Union erst einmal neu sortieren. In Niedersachsen ist mit David McAllister ein neuer, junger Ministerpräsident am Ruder, der mittelfristig auch für höhere Weihen taugen dürfte. Auch der Baden-Württemberger Stefan Mappus hätte Position und Alter, um perspektivisch mehr Gewicht in der CDU zu bekommen. Gleiches gilt für Thüringens Christine Lieberknecht.

In Merkels Kabinett sitzt mit dem Nordrhein-Westfalen Norbert Röttgen ein Minister, der nach Höherem strebt. Doch bei ihm ist nicht einmal klar, ob er den Landesvorsitz an Rhein und Ruhr ergattern kann. Wird er Chef der einflussreichen NRW-CDU, ist durchaus mehr drin. Sicher dagegen erscheint, dass Ursula von der Leyen an innerparteilichem Gewicht gewinnen wird. Nur: Sie trägt den Stempel einer Merkel-Anhängerin.

Die zweite Reihe ist also recht übersichtlich. Eine erste Positionsbestimmung über die künftige Parteihierarchie steht im Herbst an: Dann müssen drei stellvertretende Bundesvorsitzende gewählt werden.

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