Arbeitsunwillige sollen Nachteile spüren Merkel greift mäßigend in Hartz-IV-Streit ein

Berlin (RPO). Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mäßigend in den Hartz-IV-Streit eingegriffen. Auf die Forderung des Koalitionspartners FDP nach härteren Strafen für Erwerbslose, die zumutbare Arbeitsangebote ablehnten, sagte die CDU-Vorsitzende am Freitag, entsprechende Sanktionen seien im Gesetzeswerk bereits angelegt.

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Foto: AP

"Wer ein Arbeitsangebot hat und es nicht annimmt, der muss Nachteile spüren", erklärte sie beim RCDS-Kongress in Berlin. Aber leider sei nicht für jeden Arbeit da, der Arbeit haben wolle.

Zuvor hatten FDP-Chef Guido Westerwelle und sein Stellvertreter Andreas Pinkwart gesagt, wer gemeinnützige Jobs, Weiterbildungen oder gar einen Arbeits- und Ausbildungsplatz ablehne, dem müsse das Geld gekürzt werden.

Nach geltender Gesetzeslage können einem Hartz-IV-Empfänger bereits jetzt seine Bezüge für drei Monate um 30, beim zweiten Mal um 60 Prozent gekürzt werden, wenn er eine Arbeit nicht annimmt.

Die Bundesagentur für Arbeit wies Kritik zurück, Erwerbslosen mangele es an Arbeitswillen und Flexibilität. Auch der CDU-Arbeitsmarktexperte Peter Weiß sagte, sehr viele Langzeitarbeitslose würden am liebsten sofort arbeiten. Deshalb dürfe man Hartz-Empfänger nicht "pauschal abkanzeln". Doch müsse der Staat die Anreize erhöhen, auch gering entlohnte Stellen anzunehmen, etwa durch die geplante Reform der Hinzuverdienste.

Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach forderte Sanktionen gegen Ausländer, die Sprach- oder Integrationskurse abbrechen oder verweigern. Er sagte der "Bild"-Zeitung: "Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen Bildung, Integration und guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt." Deshalb sei es völlig inakzeptabel, dass gut 20 Prozent der Ausländer den verpflichtenden Sprach- oder Integrationskurs abbrechen oder nicht antreten.

Wowereit warnt vor vergiftetem Klima

Die Linke reagierte mit der Ankündigung, öffentliche Proteste gegen Leistungskürzungen zu organisieren. Der stellvertretende Parteivorsitzende Klaus Ernst erklärte, die Linke werde gegen jede Verschlechterung bei Hartz IV mit allen Mitteln protestieren, "auch auf der Straße". Arbeitslosen, die angebotene Jobs nicht annehmen, drohe schon heute der Verlust der persönlichen Existenz. "Wer noch härtere Strafen will, macht aus dem Sozialrecht einen Teil des Strafrechts". Ernst rief SPD und Grüne auf, gemeinsam mit Gewerkschaften und Sozialverbänden ein Widerstandsbündnis zu bilden.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Klaus Wowereit kritisierte die von FDP und CDU vorangetriebene Debatte: "Der Versuch, Empfänger von Arbeitslosengeld II in Migranten und Deutsche zu dividieren, ist so billig wie durchsichtig." Grünen-Chefin Claudia Roth, warf der FDP eine "Populistenhatz gegen Hartz-IV-Bezieher" vor und sprach von "offenem Rechtspopulismus in Regierungsverantwortung".

Der Vizechef der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt, nahm Arbeitslose gegen Kritik in Schutz. Die Konzessionsbereitschaft Arbeitsuchender sei deutlich gestiegen, sagte er der "Thüringer Allgemeinen". Mehr als ein Viertel derer, die aus der Grundsicherung wieder in ein Beschäftigungsverhältnis kämen, arbeiteten unterhalb ihres Qualifikationsniveaus.

(apd/top)
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