Bilanz von 90 Minuten Sommerpressekonferenz Merkel gibt Antworten von A bis Z

Berlin · 90 Minuten lang stellte sich die Kanzlerin am Montag den Hauptstadtjournalisten, 90 Minuten lang bezog sie vor dem letzten schwarz-gelben Jahr Stellung zu allen strittigen und unstrittigen Fragen. Zuschussrente, Schmähvideo, FDP, Energiewende, Griechenland. Die wichtigsten Antworten im Überblick.

 Kanzlerin Merkel erklärte sich vor der Berliner Hauptstadtpresse.

Kanzlerin Merkel erklärte sich vor der Berliner Hauptstadtpresse.

Foto: afp, JOHANNES EISELE

Im Fokus von Merkels Pressekonferenz stand am Montag die Eurorettung. Sie stellte klar, dass sie mit einer lang andauernden europäischen Krise rechnet. Aber auch Themen wie Iran und Syrien sowie innenpolitische Fragen von der Energiewende über die Aufklärung der NSU-Morde bis hin zu dem umstrittenen anti-islamischen Video beantwortete die Regierungschefin.

Der Überblick von A bis Z

EADS/BAE - Bei der geplanten Fusion des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS und des britischen Rüstungsherstellers BAE ist offenbar noch Skepsis angesagt. Informationen würden "diskutiert und bewertet", sagte Merkel. Deutschland sei mit Partnern wie Frankreich über die Auswirkungen einer solchen Unternehmensverschmelzung im Gespräch.

Endlagersuche - Diese Suche kann sich für Merkel nicht mehr nur auf den Salzstock in Gorleben beziehen. Seit ihrer Zeit als Bundesumweltministerin habe es "Bewegung" gegeben. Zugleich verteidigte sie, dass die Sitzung des Gorleben-Untersuchungsausschusses des Bundestages, zu der sie am 27.
September erwartet wird, nicht öffentlich abläuft.

Energiewende - Merkel ist überzeugt, dass Deutschland die Energiewende schaffen wird. Dieses Projekt sei auf ein Jahrzehnt veranschlagt und sollte nicht nach einem Jahr schon als gescheitert erklärt werden. Jetzt gehe es darum, konkrete Probleme wie beim Netzausbau zu lösen. Ende November soll es dazu eine Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz im Kanzleramt geben

Euro - Im Kampf gegen die Eurokrise muss es nach Merkels Worten eine engere politische Zusammenarbeit der Eurostaaten geben. Ein schnelles Ende der Krise sei nicht absehbar, es müsse grundsätzliche Änderungen geben. Für den EU-Gipfel im Dezember seien dafür "beschlussreife" Vorschläge geplant. Noch im November soll es einen Sondergipfel geben, auf dem die längerfristige Finanzplanung der EU als Grundlage für eine langfristige wirtschaftliche Gesundung und mehr Wettbewerbsfähigkeit beschlossen werden soll.

EZB-Ankäufe - Anders als manche Koalitionskollegen verteidigte die Kanzlerin die geplanten Staatsanleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese lägen im Rahmen des geldpolitischen Mandats der EZB, die die Wirtschaft der Staaten mit Geld zu versorgen habe.

Griechenland - Athen soll nach Überzeugung der Kanzlerin Teil der Eurozone bleiben, muss dafür aber seine Auflagen erfüllen. Merkel äußerte Verständnis für die angespannte Lage, wandte sich zugleich aber dagegen, die Vorgaben der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalen Währungsfonds zu verdammen. Es handele sich um Reformen, die ohnehin notwendig seien.

Hassvideo - Das anti-islamische Video "Die Unschuld der Muslime" bereitet auch der Kanzlerin Sorgen. Merkel rief zur religiösen Toleranz auf und erklärte, von den Sicherheitsbehörden werde ein Verbot der öffentlichen Aufführung geprüft. Der Film selbst, der von Muslimen als Angriff auf den Propheten Mohammed gesehen wird, soll jedoch nicht verboten werden.

Iran - Im Atomstreit mit Teheran sieht die Kanzlerin noch Möglichkeiten zur politischen Lösung. Mit Blick auf eine mögliche Militäraktion Israel betonte sie, eine atomare Bewaffnung des Iran wäre eine Bedrohung der ganzen Welt und nicht für Israel allein.

Koalition - Merkel will 2013 lieber eine schwarz-gelbe als eine große Koalition, weil es mehr politische Schnittmengen mit den Liberalen gebe und in einer Koalition mit der SPD ja auch der Partner den Kanzler stellen wolle.

NSU - Die Mordserie der rechtsextremen Terrorgruppe NSU ist aus Merkels Sicht eine Schande für Deutschland. Die Aufklärung der Pannenserie bei den Ermittlungen verläuft für die Kanzlerin noch zu schleppend. Nun soll eine Kommission das Zusammenspiel der verschiedenen Behörden auf Bundes- und Landesebene überprüfen und Änderungsvorschläge unterbreiten.

Steuerabkommen - Das Steuerabkommen mit der Schweiz darf nach Ansicht Merkels im Bundesrat nicht scheitern, weil es der Steuerflucht einen grundsätzlichen Riegel vorschieben würde. Daher will sie noch mal auf die Sozialdemokraten zugehen und für das Abkommen werben.

Strompreise - "Direkte Gegenmaßnahmen" gegen einen absehbaren deutlichen Anstieg der Strompreise schloss Merkel aus. Vielmehr sollen die Bürger an anderer Stelle entlastet werden, unter anderem mit einer Senkung der Rentenversicherungsbeiträge ab kommendem Jahr.

Syrien - Die humanitäre Lage in Syrien nannte Merkel "bestürzend". Hier sei der UN-Sicherheitsrat nicht ausreichend handlungsfähig, weil Russland und China immer wieder per Veto weitergehende Maßnahmen blockierten. Daher wolle Deutschland nun alles zur Unterstützung des neuen Sondergesandten Lakhdar Brahimi tun.

Zuschussrente - Das Lieblingsprojekt von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen wird nicht Eins zu Eins umgesetzt. Merkel kündigte "Modifikationen" an. In den kommenden Wochen will die Union ein umfassendes Konzept der finanziellen Absicherung im Alter vorlegen.

(APD)
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