Sondersitzung zur Eurokrise Merkel: Gerichtshof soll Schulden überwachen

Berlin (RPO). Im Kampf gegen die Schuldenkrise in der Eurozone hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Überwachung des Stabilitäts- und Wachstumspakts durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ins Spiel gebracht. In der Sondersitzung der Unionsfraktion zur Eurokrise am Dienstagabend plädierte sie nach Angaben von Teilnehmern für eine derartige verstärkte Überwachung der nationalen Haushalte durch die Europäische Union. Außerdem verständigte sich die bei dem Thema gespaltene Fraktion auf einen Fahrplan zum Euro-Rettungsschirm.

Fakten zur Euro-Wirtschaftsregierung
Infos

Fakten zur Euro-Wirtschaftsregierung

Infos
Foto: AP

Bei Verstößen gegen die Defizit- und Verschuldungsvorgaben könnte der Gerichtshof die entsprechenden Haushalte für nichtig erklären und einen neuen Etatentwurf verlangen, hieß es.

"Staatliche Insolvenzverfahren"

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) kündigte nach der Sitzung "staatliche Insolvenzverfahren" für Schuldensünder ab dem Jahr 2013 an. So sollten Länder mit Finanzproblemen "in ein geordnetes Verfahren kommen". Auch die Finanzmärkte sollten "daran beteiligt werden", sagte Kauder. Nun sei die "Aufgabe in Europa, dafür zu sorgen, dass die Wettbewerbsfähigkeit hergestellt werden muss und dass solide notwendige Reformen gemacht werden müssen".

"Es muss der Grundsatz wieder mehr zum Durchbruch kommen, dass Haftung und Risiko miteinander verbunden sind", sagte Kauder. Dies werde "ab 2013 in den Mechanismen so vereinbart sein". Gemeinsame europäische Staatsanleihen lehnte Kauder ab. Der Fraktionschef bestätigte, dass die neuen Mechanismen bis zum 23. September "nach geordnetem Beratungsverfahren" verabschiedet sein sollten. Die "notwendigen Mehrheiten" würden erreicht, gab er sich überzeugt.

Hilfskredite gegen Sicherheiten?

In der aufgeheizten Debatte über die Zukunft des Euros zeigt sich die Union weiter gespalten. Merkel wies einen Vorschlag von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen zurück, Hilfskredite an klamme Euro-Länder nur gegen Sicherheiten zu vergeben. Auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder sprach sich gegen den Vorstoß aus.

Zugleich verständigte sich die CDU/CSU-Fraktion auf der Sondersitzung auf den Fahrplan zum Euro-Rettungsschirm. Nachdem am 31. August das Vorhaben im Kabinetts beschlossen werden soll, wird es voraussichtlich am 8. September in der Haushaltswoche des Bundestages die erste Lesung zum Euro-Schirm geben, sagte Kauder.

Merkel und Schäuble lehnt Leyens Vorstoß ab

Derweil befeuerte von der Leyen die Euro-Debatte in der CDU und erntete bereits breite Ablehnung. Leyen sagte in der ARD, viele Länder verfügten über Goldreserven und Industriebeteiligungen. Diese könnten als Sicherheiten für Kredite eingesetzt werden. CDU-Präsidiumsmitglied Philipp Mißfelder zeigte sich offen für den Vorstoß. Man müsse prüfen, ob Gold der griechischen Nationalbank als Sicherheit eingesetzt werden könne, sagte er.

Hintergrund ist eine Vereinbarung zwischen Griechenland und dem Geberland Finnland, im Gegenzug für ihr "Ja" zu neuen Krediten einen dreistelligen Millionenbetrag als Sicherheit auf ein finnisches Staatskonto zu überweisen.

Merkel sagte nach Angaben von Teilnehmern, von der Leyens Vorschlag höre sich "ja nett an, aber diesen Weg sollten wir nicht weitergehen". Kauder erklärte kurz und knapp: "Wir sollten die Diskussion, die die Finnen begonnen haben, nicht fortsetzen."

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellte sich nach Teilnehmerangaben ebenfalls gegen den Vorschlag von der Leyens und machte klar, dass die von Finnland mit Griechenland vereinbarten Sicherheiten auf europäischer Ebene abgesegnet werden müssen.

Etwa ein Drittel der Abgeordneten kam nicht

Kauder sagte nach der gut dreistündigen Sitzung, die Unions-Fraktion stehe zu Europa und zum Euro. "Der Euro ist eine stabile Währung", betonte der CDU-Politiker. Merkel betonte nach Teilnehmerangaben die Notwendigkeit, den Euro zu stabilisieren. Fehler der Vergangenheit müssten ausgemerzt werden. Die CDU-Vorsitzende sprach sich erneut gegen Euro-Bonds aus.

Der Sondersitzung der Unions-Fraktion blieben den Angaben zufolge etwa 70 Angeordnete - und damit knapp ein Drittel der 237 Sitze starken Fraktion - entschuldigt fern. Die parlamentarische Sommerpause endet erst mit dem 5. September. Beschlüsse sollten in der Runde nicht gefasst werden. Der Fraktionsvorstand kommt kommende Woche zu einer Klausurtagung zusammen, auf der ebenfalls über den Euro diskutiert wird.

(AFP/dapd)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort