Harte Strafen für Defizitsünder Merkel geht in der EU auf Konfrontationskurs

Berlin (RPO). Bundeskanzlerin Angela Merkel wird konkret: Deutschland bestehe auf einer Vertragsänderung zur Bestrafung dauerhafter Defizitsünder in der EU, sagte Merkel am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Bundestag. Der Chef der 16 Euro-Länder, Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, zeigt sich angesichts des Stils der Kanzlerin irritiert.

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Foto: ddp

Schon vor der Regierungserklärung der Kanzlerin im Bundestag war klar, dass beim kommenden EU-Gipfel zur Interessen-Kollision zwischen Deutschland und Frankreich auf der einen und sämtlichen EU-Partnern auf der anderen Seite kommen würde. Auch an diesem Mittag in Berlin verteidigte die deutsche Bundeskanzlerin die deutsch-französischen Pläne zur Reform der Währungsunion und einer Änderungen der europäischen Verträge mit Vehemenz.

An ihrem Kampfeswillen ließ sie keinen Zweifel aufkommen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es wieder zu finanzpolitischen Krisen in der Europäischen Union komme, sagte Merkel am Mittwoch vor dem Bundestag. Beide Länder seien zu harten Verhandlungen bereit: "Es ist wahr: Eine deutsch-französische Einigung ist nicht alles in Europa", fügte sie hinzu. "Aber wahr ist auch: Ohne eine deutsch-französische Einigung wird vieles nichts."

Merkel droht mit Blockade

"Wir müssen heute Vorsorge zur Bewältigung künftiger Krisensituationen treffen", forderte die Kanzlerin. Daher seien ein Krisenmechanismus für hoch verschuldete Mitgliedsländer und ein Stimmrechtsentzug für hartnäckige Defizitsünder nötig. Dieser Mechanismus müsse "rechtlich unangreifbar" sein. "Gelingen wird das nur mit einer Änderung der europäischen Verträge." Der bisherige Rettungschirm für verschuldete EU-Staaten sei nur eine Übergangslösung.

"Eine einfache Verlängerung kann und wird es mit Deutschland nicht geben", stellte die Kanzlerin klar. Deutschland und Frankreich lehnen eine Verlängerung der milliardenschweren Rettungsfonds für Griechenland und andere Euro-Länder über 2013 hinaus ab. Beide Länder tragen mehr als 50 Prozent der Hilfen und wollen die Last künftig auf die Schultern privater Gläubiger verteilen.

Beim Gipfel wird es knallen

Damit treibt der EU-Gipfel auf eine Konfrontation zu. Nach einer Reihe von Mitgliedstaaten hatte sich am Dienstag auch die EU-Kommission gegen die dafür notwendige Änderung der europäischen Verträge ausgesprochen. Der geltende Lissabon-Vertrag war nach jahrelangem Tauziehen und mehreren gescheiterten Volksabstimmungen erst vor elf Monaten in Kraft getreten. Volksabstimmungen in Frankreich und Irland waren verlorengegangen und hatten die EU in eine schwere Krise gestürzt.

Auch Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker hat bereits seinen Widerstand angekündigt. Die Reform werde schwer durchzusetzen sein, räumte Merkel ein. Sie sei aber notwendig. Merkel warf den Gegnern einer Vertragsänderung vor, sie setzten nur auf das "Prinzip Hoffnung".

Juncker kritisierte die Verhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich im Vorfeld unter Ausschluss der anderen EU-Mitglieder. "Der Stil ist schlicht unmöglich", so Luxemburgs Regierungschef. Er sei in die Gespräche vor gut einer Woche in Deauville nicht eingebunden gewesen.

Merkel und Junker im Zwist

Merkel verteidigte die deutsch-französische Abstimmung. "Deutschland und Frankreich haben gemeinsam Führung übernommen", sagte sie zum bilateralen Kompromiss von Deauville. "Deutschland und Frankreich haben den Weg für einen Konsens frei gemacht."

Die Vorschläge der Task Force sähen drei Verbesserungen vor. Zum einen könnten Sanktionen schneller greifen. "Eine Sanktion kommt, wenn der Europäische Rat nicht mehr mit qualifizierter Mehrheit widerspricht". Das versteht auch die EU-Kommission unter automatischen Sanktionen. Zudem könnten künftig auch Staaten mit hohen Gesamtdefiziten belangt werden. Und drittens werde der Europäische Rat nicht mehr zuschauen, wenn EU-Staaten ihre Wettbewerbsfähigkeit verschlechterten. "Hier wird es künftig Sanktionen geben. Das ist ein völlig neuer Ansatz."

Pläne für den G-20-Gipfel-stehen

Für den G-20-Gipfel der führenden Schwellen- und Industrieländer am 11. und 12. November im südkoreanischen Seoul kündigte Merkel an, dass sich die Bundesregierung für international gültige Regeln einsetzen wolle, nach denen Banken in Krisenfällen grenzüberschreitend abgewickelt werden könne, ohne dass dafür Steuergeld eingesetzt werden muss. Zudem müsse auch der Finanzsektor Vorsorge für künftige Krisen treffen.

Deshalb fordere Deutschland weiterhin die Einführung einer Finanztransaktionssteuer - zumindest auf europäischer Ebene, wenn dies global nicht durchsetzbar sei, sagte die Kanzlerin. Zudem solle die Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF) abgeschlossen werden, damit sich in der Organisation der Aufstieg der Schwellenländer besser widerspiegele.

(RTR/AFP/pst)
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