Geschenk von Chinas Ministerpräsidenten Merkel feiert Geburtstag in China

Xian (RPO). Als Angela Merkel im "Pavillon der purpurnen Wolke" in Chinas alter Hauptstadt Xian Platz nimmt, ist sie sichtlich gut gelaunt. Denn gleich am Morgen hat die Kanzlerin auf ihrem Handy eine Reihe von SMS-Glückwünschen zu ihrem 56. Geburtstag vorgefunden. Im Foyer ihres Hotels bekommt Merkel ein Ständchen von Beamten und Wirtschaftsvertretern ihrer Delegation gesungen.

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Und beim gemeinsamen Frühstück schenkt ihr Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao eine Kopie einer silbernen Weinkaraffe aus der Tang-Dynastie. "Mit einem Pferdemotiv - denn ich habe hier gelernt, dass ich im chinesischen Jahr des Pferdes geboren bin", erklärt Merkel.

Doch das eigentliche politische Geschenk präsentiert Wen, der extra mit Merkel aus der Hauptstadt Peking in die Provinz gereist ist, bei der Eröffnung des Wirtschaftsdialoges. "Weil es sich hier um ein offenes Gespräch handeln soll, bitte ich alle um Ehrlichkeit", fordert er ausdrücklich auf. Journalisten sind zugelassen, die Medien sollen ausdrücklich berichten. Chinas Führung will einen guten Eindruck machen.

Spitzenmanager fordern Rechtssicherheit

Also lässt Wen ganz offiziell zu, dass die kritischen Anmerkungen an der Führung des Boomlandes öffentlich werden. Denn deutsche Spitzenmanager wie Siemens-Chef Peter Löscher und BASF-Boss Jürgen Hambrecht äußern sich zwar in freundlichen Worten, aber durchaus bestimmt in der Sache: Man fordert mehr Rechtssicherheit, offene Zugänge zum chinesischen Markt und zu Rohstoffen. Ihre chinesischen Kollegen wie der Boss des Transportriesen Cosco, Wei Jiafu, pochen dagegen auf den Ausbau des Hamburger Hafens, bessere Bedingungen für chinesische Investitionen in Deutschland und ein liberales deutsches Visa-Regime. Das ist Standard im Westen. Aber so viel Offenheit ist nicht gerade typisch im deutsch-chinesischen Verhältnis.

Dabei wissen alle Beteiligten, dass an diesem Morgen der Ton ohnehin wichtiger ist als der Inhalt - nicht nur, weil Merkel Geburtstag hat. Gerade haben beide Regierungen beschlossen, die strategische Beziehungen ihrer Länder aufzuwerten. Also muss als Beweis auch ein neuer Stil des Umgangs her. Freunde dürfen sich kritisieren, wenn grundsätzliches Vertrauen vorhanden ist. Also redet man bei diesem Besuch tatsächlich weniger in Schablonen als sonst. Schon am Vortag hatte Merkel relativ locker mit Absolventen der Parteihochschule der Kommunistischen Partei diskutiert, über Frauen in der Politik, die Vorzüge eines Mehrparteiensystem. Und Wen verzichtet in Xian auf sein bei offiziellen Besuchen stets gezeigtes steifes Dauerlächeln. Dazu kommt das bewusste Hofieren der Wirtschaft.

"Ausländische Firmen werden nicht anders behandelt als einheimische", verspricht der Ministerpräsident. Das stimmt zwar noch lange nicht, klagen die Vertreter großer deutscher Konzerne. Aber es ist immer gut, sich später beim Streit mit lokalen Behörden einmal auf offizielle Worte des Ministerpräsidenten berufen zu können.

Und an der euphorischen Stimmung ändert dies nichts. "Schon jetzt machen die deutschen Exporte nach China 40 Prozent aller europäischen aus", betont Wen. Löscher ergänzt, dass China wiederum bereits 40 Prozent des deutschen Asienhandels abdeckt. Wie sehr sich die Gewichte in der Welt verschoben haben, zeigt auch die Entwicklung im Maschinenbau. "Vor der Krise waren die USA unser größter Absatzmarkt", sagt der Präsident des Verbandes des Deutschen Maschinenbaus (VDMA), Manfred Wittenstein. "Jetzt ist es China."

Menschenrechte "muss man natürlich zur Sprache bringen"

Merkel sitzt auf ihrem Platz und nickt immer wieder demonstrativ. Dann fasst sie die aus Sicht der deutschen Wirtschaft kritischen Punkte noch einmal zusammen und eilt mit Wen zum nächsten Termin, einem Besuch bei einem Joint-Venture von Siemens mit einer chinesischen Signaltechnikfirma für den Schienenverkehr. Sie weiß: Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die chinesische Verstimmung nach ihrem Dalai-Lama-Empfang in Kanzleramt 2007 endgültig vorbei ist, dann wird er an diesem Samstag in Xian geliefert.

Auch die Erwähnung der Menschenrechte stört offenbar niemanden. "Das muss man natürlich hier auch zur Sprache bringen, das habe ich getan und das wird auch akzeptiert", schließt Merkel das Thema ab. Schon in Russland hatte sie die neue Harmonie mit Russlands Präsident Dmitri Medwedew zelebriert, der ihr noch in Jekaterinburg ein Schmuckbäumchen aus Halbedelsteinen als Geburtstaggeschenk mit auf den Weg nach China gab. Dass sie nun auch von der Regierung in Peking umworben wird, freut Merkel sichtlich.

Zumal ihr das am Samstag noch ein kulturelles "Geschenk" ermöglicht, nämlich einen Besuch der Ausgrabungsstätte der Terracotta-Armee aus dem 3. Jahrhundert vor Christus. Dort bewundert sie nicht nur die hunderten freigelegten Tonsoldaten, die den ersten chinesischen Kaiser Qin Shi Hunagdi im Totenreich beschützen sollten.

Als die Kanzlerin ins Museum der Ausgrabungsstätte geht, jubelt ihr plötzlich eine große Schar chinesischer Touristen zu. Merkel zögert, dann winkt sie zurück, dann noch einmal. In der Delegation wird gefrotzelt, solche Momente gebe es für sie ja zu Hause auch eher selten. Zumindest kannte die CDU-Chefin da schon die Zeitungsmeldung, dass ihr mit dem Hamburger Bürgermeister Ole von Beust ein weiterer CDU-Landeschef abhanden kommen wird. Schon auf Merkels Golfreise war ihr mit Roland Koch ein Unions-Ministerpräsident verloren gegangen.

(RTR)
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