Wirtschaftskrise Merkel erwartet Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts

Düsseldorf (RP). Deutschland schlittert 2009 in die schwerste Rezession der Nachkriegszeit. Das Wirtschaftsministerium rechnet mit einer um drei Prozent schrumpfenden Wirtschaft. Es droht eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.

Die Bundesregierung erwartet für 2009, dass die Neuverschuldung des Bundeshaushalts wegen der schweren Rezession die Höhe der öffentlichen Investitionen übersteigt. Das erfuhr unsere Redaktion aus Regierungskreisen. Das Kabinett wird deshalb voraussichtlich mit der Veröffentlichung des Jahreswirtschaftsberichts am 28. Januar die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts erklären. Damit kann sie die Vorschrift des Grundgesetzes umgehen, wonach die Kreditaufnahme des Bundes immer unterhalb der Investitionen liegen muss.

Noch hält Berlin an der offiziellen Prognose fest, die von einer Stagnation der Wirtschaft im kommenden Jahr ausgeht. Doch die Experten des Bundeswirtschaftsministeriums halten eine Schrumpfung um bis zu drei Prozent für wahrscheinlicher. Damit wäre der geplante Haushalt für 2009, der eine Neuverschuldung von 20,5 Milliarden Euro bei einem Investitionsvolumen von 27,2 Milliarden vorsieht, schon jetzt Makulatur. Weil zudem die Regierung in der zweiten Januarhälfte ein weiteres Konjunkturpaket von ungefähr 20 bis 25 Milliarden Euro plant, dürften die neuen Kredite die Investitionen bei weitem übersteigen.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat in einer internen Runde seines Landesverbands bereits darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts erklären werde. Alles andere sei unrealistisch.

Unterdessen erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einem Vortrag des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, dass die bisherigen Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur nicht ausreichen würden. Die Bundesregierung wisse das, sagte die Kanzlerin. Sie kündigte ein zweites Programm nach der Vereidigung des neuen US-Präsidenten Barack Obama am 20. Januar an. Wenn dies für die größte Volkswirtschaft der Welt der richtige Zeitpunkt zum Handeln sei, gelte das auch für die Bundesrepublik. Bis dahin wolle die Koalition beraten, welche der Infrastrukturprojekte beschleunigt werden könnten. Zugleich warnte die Kanzlerin vor einer zu hohen Verschuldung durch die Finanz- und Wirtschaftskrise.

Vor der Bundestagsfraktion der Union sprach die Regierungschefin gestern erneut über die Finanz- und Wirtschaftskrise, ohne allerdings das zweite Konjunkturpaket und die mögliche Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts zu erwähnen. Stattdessen wies Merkel nach Berichten von Sitzungsteilnehmern darauf hin, dass die Bankenkrise noch längst nicht überwunden sei. "Die Kreditinstitute befinden sich als Patienten noch immer im Krankenhaus", sagte die Kanzlerin. Sie seien noch nicht "in der Reha angekommen".
Schwierigkeiten dürfte Merkel auch bei der von ihr geforderten Zusage der wichtigsten deutschen Konzernchefs bekommen, ihren Beschäftigungsstand 2009 beizubehalten. Wichtige Dax-Konzerne wollen betriebsbedingte Kündigungen nicht ausschließen.

(RP)
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