Steuer-Affäre Merkel droht Liechtenstein

Berlin (RPO). Eiszeit zwischen Deutschland und Liechtenstein. Angela Merkel nahm bei ihrem Treffen mit dem Amtskollegen Otmar Hasler für diplomatische Verhältnisse kein Blatt vor den Mund. Ihre ultimative Forderung: Der Fürstenstaat muss sich aktiv an der Aufklärung der deutschen Steueraffäre beteiligen. Auch für handfeste Drohungen war sich die Kanzlerin nicht zu fein.

Steuerparadies Liechtenstein?
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Foto: RPO

Der liechtensteinische Premier muss sich am Mittwoch im Kanzleramt gefühlt haben wie George W. Bush oder Wladimir Putin, so viele Journalisten waren zur Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gekommen. "Besondere Umstände" waren Merkel zufolge die Ursache.

Das zwischen der Schweiz und Österreich liegende Fürstentum mit 35.000 Einwohnern beherrscht seit Tagen die politische Debatte in Deutschland. Eine CD-ROM mit Steuerdaten von Deutschen, die über Stiftungen in Liechtenstein Steuern in Deutschland hinterzogen haben sollen, war mit Hilfe des Bundesnachrichtendienstes an die deutschen Steuerbehörden gelangt. Der Besuch von Hasler in Berlin kam da zur richtigen Zeit, auch wenn er schon länger geplant war.

Höflich, aber mit deutlichen Worten sagte Merkel, was Deutschland von Liechtenstein erwartet. Sie verlangte Mithilfe zur Aufklärung der Steueraffäre, darüber hinaus mehr Kooperation in Steuerfragen mit der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), einen raschen Abschluss der Verhandlungen mit der EU zur Betrugsbekämpfung sowie eine schnelle Umsetzung der dritten EU-Geldwäscherichtlinie. Allerdings war letzterer Appell heikel. Deutschland selbst hat die Richtlinie noch nicht umgesetzt, obwohl die Frist im Dezember abgelaufen war. Das Kabinett befasst sich nun am 27. Februar damit.

Angelpunkt Stiftungsrecht

Erschwert wurde Haslers Besuch durch ungewöhnliche scharfe Töne von Staatsoberhaupt Erbprinz Alois vom Dienstag. Hehlerei hatte er deutschen Behörden im Zusammenhang mit der Beschaffung der Steuerdaten vorgeworfen und der Bundesrepublik geraten, ihr Steuersystem zu ändern. Viele deutsche Politiker reagierten empört, SPD-Chef Kurt Beck sprach gar von "Raubrittertum". Merkel ging diesbezüglich an die Grenze des diplomatisch Vertretbaren. Sie wolle die Äußerungen aus Vaduz nicht auf die Goldwaage legen, halte die Darlegungen aber für nicht tragfähig und hilfreich für die Beziehungen.

Drohgebärden

Die Kanzlerin verwies darauf, dass die Parlamente der Schengen-Erweiterung zustimmen müssen. Man könne damit rechnen, dass dann auch gefragt werde, wie es in anderen Fragen vorangehe. Daher wünsche sie sich, dass keine Situation entstehe, in der man ultimativ auftreten müsse.

Scharfe Töne von Beck

Aber auch von deutscher Seite wurden scharfe Töne angeschlagen. Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck warf dem Fürstentum eine "moderne Form des Raubrittertums" vor und brachte Sanktionen ins Gespräch. Für den Fall, dass Liechtenstein weiter "verbrecherisches Verhalten nicht aufzuklären hilft oder es sogar unterstützt", könne man Finanztransfers in das Fürstentum unterbinden, sagte Beck laut "Stern".

In einer aktuellen Stunde im Bundestag heizten SPD und Grüne den Streit weiter an. Vertreter beider Fraktionen bezeichneten das Fürstentum als Räuberhöhle. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ludwig Stiegler sagte: "Wer hier quasi wie eine Räuberhöhle sein Land einrichtet, darf sich nicht wundern, wenn andere sich wehren." Auch Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn verwendete den Begriff. Der Kampf gegen Steuerhinterziehung und das Trockenlegen von Steueroasen müsse die Hauptaufgabe der deutschen Politik werden, sagte er.

(afp)
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