Guttenbergs Vater spricht "Mein Sohn wurde öffentlich zerschlagen"

München (RPO). Erstmals nach dem Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg äußert sich sein Vater. In einem Interview-Buch schildert er seine Eindrücke und gibt Einblick in das Innenleben seiner Familie. "Wir sammeln immer noch die Trümmer auf", sagt Enoch zu Guttenberg laut vorab veröffentlichten Auszügen.

Die Magazine Cicero und Focus veröffentlichten vorab Passagen aus dem Interview-Band, der am 15.Juli unter dem Titel "Enoch zu Guttenberg. Dirigent, Intendant, Umweltschützer" erscheinen soll. Demnach belastet die Plagiatsaffäre um den ehemaligen Verteidigungsminister die Familie immer noch. Die Affäre sei "wie ein Tsunami über die Familie gekommen". Kein Mensch, der es nicht selber erlebt habe, könne sich vorstellen, wie das ist, zuschauen zu müssen, "wie der eigene Sohn öffentlich zerschlagen wird". Das sei fast nicht auszuhalten gewesen.

In der Plagiatsaffäre wurden Karl-Theodor zu Guttenberg unter anderem akademischer Betrug, mangelnde Aufrichtigkeit und Einsichtsfähigkeit vorgeworfen. Sein Vater Enoch hält dennoch weiter zu seinem Sohn. Zweifel lässt er nicht zu. Er habe nie Grund gehabt, an dessen "Wahrhaftigkeit zu zweifeln". Zwar könne er nicht in den Kopf seines Sohnes schauen. "Aber ich denke, in sein Herz". Seine öffentlichen Reaktionen seien keine Beichten auf Raten gewesen, sondern hätten diesem Prozess einfach entsprochen.

Enoch zu Guttenberg lässt erkennen, wie tief die Affäre die Familie in ihrem Selbstverständnis und Selbstachtung getroffen hat. Sie schmerzt immer noch und hat den familiären Bund offenbar in seinen Grundfesten erschüttert. Das wird in einer Äußerung deutlich, in der Enoch zu Guttenberg erläutert, womit sich sein Sohn derzeit auseinanderzusetzen hat: Im Kern geht es nach wie vor um Glaubwürdigkeit.

Enoch beschreibt, wie sein Sohn dafür kämpft "Menschen, die ihm vertrauten und die ihn liebten, die Sicherheit zurückzugeben, dass sie sich nicht in ihm und seinem Charakter getäuscht hätten. "Der Verlust der Glaubwürdigkeit wäre der Verlust der Identität der Familie", zieht Enoch zu Guttenberg ein bedrohliches Fazit.

Zugleich erhebt der Vater schwere Vorwürfe gegenüber den Medien: Er wirft ihnen eine "Treibjagd" und eine "öffentliche Hinrichtung" vor. Der Umgang mit seinem Sohn in der Öffentlichkeit habe in keinem Verhältnis zu dem gestanden, was er getan habe. Zudem beklagt er, regelrecht belagert worden zu sein. Journalisten hätten der Familie und dem Personal aufgelauert. Außerdem soll es Bestechungsversuche mit Summen in fünfstelliger Höhe gegeben haben.

Guttenberg hat nach Überzeugung der Universität Bayreuth in seiner Dissertation vorsätzlich abgeschrieben und getäuscht. Der CSU-Politiker war deshalb Anfang März vom Amt des Verteidigungsministers zurückgetreten, hatte jedoch nie öffentlich ein Schuldeingeständis abgelegt.

Plagiatsvorwürfe ziehen in der Politik seitdem immer größere Kreise. Zu den prominentesten Opfern zählten seit der Guttenberg-Affäre unter anderem die FDP-Politiker Silvana Koch-Mehrin und Jorgo Chatzimarkakis. "Die Ehrverletzung, die mir seit Wochen angetan wird, kann nicht zurückgeholt werden", beklagte der FDP-Europaabgeordnete laut "Focus". Seit den Vorwürfen gegen den früheren Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg führe "jedes Verdachtsmoment sofort zur Vorverurteilung".

(apd/pst)
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