Druck auf Bundesregierung wächst Mehr Rückhalt für Lieferung von Leopard-Panzern an Ukraine

Berlin · In der Debatte um Leopard-Kampfpanzer für die Ukraine steigt der Druck auf die Bundesregierung: Polen will dem von Russland angegriffenen Land im Rahmen einer internationalen Koalition Leopard-Panzer aus deutscher Produktion liefern. Auch in der SPD-Fraktion will man „keine roten Linien“ ziehen.

Ein Panzer der polnischen Armee vom Typ Leopard 2 steht während der internationalen Militärübung «Allied Spirit 2022» im Januar 2022 auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Hohenfels in einem Waldstück.

Ein Panzer der polnischen Armee vom Typ Leopard 2 steht während der internationalen Militärübung «Allied Spirit 2022» im Januar 2022 auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Hohenfels in einem Waldstück.

Foto: dpa/Armin Weigel

Bisher zeigte sich die Regierung zurückhaltend, was die Lieferung von Kampfpanzern westlicher Bauart an die Ukraine angeht. Befürchtet wird eine Eskalation des russischen Angriffskriegs, weil Deutschland dann als Kriegspartei gelten könnte. Der Lieferung von Leopard-Panzern durch Nato-Verbündete müsste die Bundesregierung für das Herstellerland Deutschland nämlich ausdrücklich zustimmen. Doch der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wächst innerhalb der Koalition – und auch in der SPD-Bundestagsfraktion wird eine solche Lieferung nicht mehr ausgeschlossen.

Polen hatte am Mittwoch angekündigt, es wolle der Ukraine eine Kompanie mit Leopard-Kampfpanzern überlassen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat sich nun dafür ausgesprochen, die Lieferung von polnischen Leopard-Kampfpanzern in die Ukraine nicht an einem deutschen Einspruch scheitern zu lassen. „Es gibt einen Unterschied, für sich selbst eine Entscheidung zu treffen oder die Entscheidung von anderen zu verhindern“, sagte der Vizekanzler der Grünen am Donnerstag in Berlin. „Und entsprechend sollte Deutschland sich nicht in den Weg stellen, wenn andere Länder Entscheidungen treffen, die Ukraine zu unterstützen, unabhängig davon, welche Entscheidung Deutschland trifft.“ Habeck spielte damit auf die Diskussion an, ob Deutschland auch selbst Leopard-Panzer an die Ukraine liefern sollte. Dies wird in der Bundesregierung bisher abgelehnt.

Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, der zuletzt noch einmal die Bedeutung diplomatischer Initiativen betont hatte, schließt die Lieferung von deutschen Kampfpanzern an die Ukraine nicht grundsätzlich aus. „Es gibt keine roten Linien“, sagte Mützenich am Donnerstag zum Auftakt der Fraktionsklausur in Berlin. Deutschland werde sich in der Frage eng mit den Bündnispartnern abstimmen. Die Ukraine müsse das bekommen, „was für das Selbstverteidigungsrecht wichtig ist“. Gleichzeitig dürfe Deutschland aber nicht in den Krieg verwickelt werden, sagte er.

Nächste Woche Freitag kommen die Verteidigungsminister der westlichen Verbündeten auf dem rheinland-pfälzischen US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein zusammen, um über weitere Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet zu beraten. Dass sich die Bundesregierung bis dann für eine Lieferung von Kampfpanzern entscheide, sei „nicht sehr wahrscheinlich“, hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch gesagt.

Die Union forderte die Bundesregierung auf, jetzt schnell zu handeln. Fraktionsvize Johann Wadephul (CDU) sagte unserer Redaktion: „Um endlich einmal politisch Taten sprechen zu lassen, sollte die Lieferung von Leopard 1 sofort begonnen werden. Sie stehen quasi bei der Industrie bereit und diese wäre dazu in der Lage, sie umgehend vorzubereiten.“

Wadephul ergänzte, die deutsche Initiative zur Lieferung von Kampfpanzern sei dringend notwendig. „Die Ukraine steht militärisch unter Druck. Zögerliche Hilfe bedeutet für die Ukraine zusätzliche blutige Verluste.“

Auch müsse die lang aufgeschobene Marder-Entscheidung jetzt umgesetzt werden. „Hier scheint es so zu sein, dass die Bundesregierung trotz monatelanger Diskussion völlig unvorbereitet ist“, sagte Wadephul.

Unterdessen fordetre der Präsident des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr, Patrick Sensburg, die schnelle Lieferung möglichst vieler Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine – auch aus Bundeswehr-Beständen. „Ich gehe fest davon aus, dass Deutschland der Lieferung von Leopard-Kampfpanzern zustimmen wird. Die Frage ist nur, wann die Entscheidung fallen wird“, sagte Sensburg unserer Redaktion. „Ich bin dafür, dass möglichst viele Leopard-Kampfpanzer auch aus Bundeswehrbeständen an die Ukraine geliefert werden. Der Reservistenverband weist schon lange darauf hin, dass es bei der Bundeswehr an allem mangelt - auch bei der Landesverteidigung.“ Daher müsse die Bundeswehr im Gegenzug mit erheblich mehr modernen Kampfpanzern ausgestattet werden als derzeit, forderte Sensburg. Jetzt mache es aber viel mehr Sinn, das Putin-Regime bereits in der Ukraine zu stoppen und aus den besetzten Gebieten zurückzudrängen. „Sonst wird der Krieg auch in anderen europäischen Staaten weitergehen. Dafür braucht es Leopard-Panzer auch von der Bundeswehr oder Kampfpanzer anderer Bauart.“ Völkerrechtlich mache eine Waffenlieferung ein Land nicht zur Kriegspartei, betonte Sensburg. „Auch nicht, wenn Kampfpanzer geliefert werden. Was die Eskalationsspirale angeht, entscheidet der Kreml ohnehin alleine, wann er diese vorantreibt. Nachgeben oder Verhandeln werden von Putin nur als Schwäche wahrgenommen“, sagte der Präsident des Reservistenverbandes.

(jd/has/dpa)
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