Silvestereinsatz in Leipzig Mehr Polizei in Hochburg der Linken

Berlin · In der Neujahrsnacht wurde in Leipzig ein Polizist schwer verletzt. Die SPD-Chefin stellt die Einsatztaktik infrage.

 Polizisten räumen in der Silvesternacht eine Kreuzung im Leipziger Stadtteil Connewitz, an der es zu Ausschreitungen gekommen war.

Polizisten räumen in der Silvesternacht eine Kreuzung im Leipziger Stadtteil Connewitz, an der es zu Ausschreitungen gekommen war.

Foto: dpa/Sebastian Willnow

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) hat angekündigt, den umstrittenen Silvester-Polizeieinsatz im linksextremistisch geprägten Leipziger Stadtbezirk Connewitz genau aufzuarbeiten. Er machte zugleich deutlich, den Bestrebungen nach polizeifreien Räumen entgegenzutreten und die Polizeipräsenz in Connewitz auszubauen. „Wir werden in Leipzig, aber auch in Sachsen keine rechtsfreien Räume dulden“, erklärte Wöller.

Zuvor hatte SPD-Chefin Saskia Esken die von Linken-Politikern noch in der Silvesternacht erhobenen Vorwürfe gegenüber einer provozierenden und unverhältnismäßigen Polizeitaktik aufgegriffen. Es müsse bald geklärt worden, ob  die Einsatztaktik angemessen gewesen sei oder Innenminister Wöller Polizistinnen und Polizisten unnötig in Gefahr gebracht habe, sagte Esken. Damit sei die SPD-Vorsitzende den Beamtinnen und Beamten in den Rücken gefallen, erklärte FDP-Chef Christian Lindner.

Auch der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel distanzierte sich von Esken. Angesichts der massiven Gewalt sei es besser, über die Gewalttäter zu reden. „Die muss man politisch, medial und mit Polizei und Justiz bekämpfen, statt aus der Ferne über die Strategie der Polizei zu schlaumeiern“, twitterte Gabriel. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nannte es zudem einen Skandal, dass Linken-Politiker den aktuellen Gewaltausbruch gegen die Polizei „nicht nur verharmlosen, sondern sich mit den linksextremen Chaoten solidarisieren“. Das habe mit verantwortungsvoller Politik nichts mehr zu tun, sondern trage dazu bei, noch mehr linksextreme Gewalt zu säen, sagte Herrmann unserer Redaktion.

Die Gewerkschaft der Polizei lud Esken öffentlich zu einem Gespräch über die Gewalt gegenüber Polizisten ein, das Esken öffentlich „sehr gerne“ annahm. Dabei stellte sie klar, sie habe „nicht die Polizeitaktik kritisiert, sondern die Einsatztaktik infrage gestellt“. Sie verwies auf die Berliner Polizei, die nach ähnlichen Erfahrungen am 1. Mai und an Silvester eine Deeskalationsstrategie entwickelte, die sich bewährt habe.

Sachsens Polizeipräsident Horst Kretzschmar versicherte nach einem Besuch bei den Leipziger Kollegen, dass die Beamten sich bis nach Mitternacht zurückgehalten hätten und auch unbehelmt unterwegs gewesen seien. Allein die Präsenz von Polizei dürfe nicht zu Eskalationen führen. Wöller verwies auf Probleme mit Linksextremisten im Raum Leipzig, auf Brandanschläge gegen Baukräne und Attacken auf die Mitarbeiterin einer Immobilienfirma in deren Privaträumen. Dabei geht die Auseinandersetzung um eine Gentrifizierung Leipzigs, also die Umwandlung preiswerten Wohnraums in Wohngebiete für Besserverdienende.

In der Silvesternacht hatten am Connewitzer Kreuz rund 1000 Menschen gefeiert. Bei Ausschreitungen waren dort drei Polizeibeamte durch Angriffe mit Flaschen, Raketen und Böllern teils schwer verletzt worden. Einem von ihnen sei der Helm vom Kopf gerissen worden, schilderte die Staatsanwaltschaft. Aufgrund der massiven Einwirkungen sei er bewusstlos geworden und habe ins Krankenhaus gebracht werden müssen. Ein Polizeisprecher bedauerte die erste Mitteilung, wonach eine „Not-OP“ nötig gewesen sei. Es habe keine Lebensgefahr bestanden, sondern die „dringliche“ Notwendigkeit einer Operation. Der Beamte habe am Freitag die Klinik wieder verlassen können.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte in seinem Fall gegen unbekannt wegen des Verdachts auf versuchten Mord. Gegen vier Männer zwischen 27 und 32 Jahre wurde Haftbefehl erlassen. Ihnen werden tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung vorgeworfen. Einem von ihnen soll in einem beschleunigten Verfahren der Prozess gemacht werden.

Herrmann sah sich zwar nicht in der Lage, das Vorgehen der Polizei in Leipzig von München aus zu beurteilen. „Fest steht allerdings, dass derartige Angriffe auf Polizisten absolut inakzeptabel sind“, sagte der CSU-Politiker. Er sei erschüttert über die massive Gewalt. „Diese hässliche Fratze des Linksextremismus hat sich schon öfters gezeigt, besonders beispielsweise bei den schweren Ausschreitungen beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg“, sagte der Innenminister.

Gabriel legte am Nachmittag ebenfalls nach und stellte fest, dass es in einer Demokratie keine Rechtfertigung für Gewalt gebe.  „Wer auf Polizisten und Feuerwehrleute losgeht, ist nicht links oder rechts, sondern hat nicht alle Latten am Zaun“, schrieb Gabriel auf Twitter.

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