US-Sondergesandter Holbrooke Mehr deutsche Soldaten nach Afghanistan

Berlin (RPO). Der US-Sondergesandte für Afghanistan, Richard Holbrooke, hat für die Entsendung weiterer Bundeswehr-Soldaten an den Hindukusch geworben. In am Mittwoch veröffentlichten Interviews mit deutschen Medien räumte er zugleich Fehler bei der bisherigen Strategie für Afghanistan ein.

 Richard Holbrooke will aufzeigen, wer die Taliban finanziell unterstützt.

Richard Holbrooke will aufzeigen, wer die Taliban finanziell unterstützt.

Foto: AFP, AFP

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Hans-Peter Uhl (CSU), äußerte sich skeptisch über eine mögliche Truppenaufstockung.

In einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" antworte Holbrooke auf die Frage, ob die Bundesregierung lieber zusätzliche zivile Helfer oder mehr Soldaten schicken solle: "Schön wäre beides."

Der US-Beauftragte für Afghanistan und Pakistan sagte, es sei "kein Problem", wenn Deutschland für eine derartige Entscheidung noch sechs Wochen brauche. Auch der Entscheidung der US-Regierung, 30.000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan zu schicken, sei eine mehrmonatige Prüfung vorausgegangen.

Holbrooke kritisierte die bisherige internationale Afghanistan-Strategie. Ursprünglich sei geplant gewesen, dass sich die Deutschen um die Ausbildung der afghanischen Polizei, die Briten um den Kampf gegen den Drogenhandel und die Italiener um den Aufbau des Rechtssystems in Afghanistan kümmerten. "Das Ganze war unkoordiniert und hat uns nicht sonderlich weit gebracht", sagte der US-Gesandte der "SZ". "Im Ergebnis fangen wir im neunten Jahr des Krieges wieder von vorne an."

"Ein Riesenfehler"

Die Entscheidung der USA, sich nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf ihren Einsatz im Irak zu konzentrieren, bezeichnete Holbrooke am Dienstag im "heute-journal" des ZDF als "Riesenfehler". "Jetzt müssen wir die Folgen tragen und das reparieren", fügte er hinzu.

Im Gespräch mit der "Berliner Zeitung" lobte Holbrooke den Einsatz der Bundeswehr in Nordafghanistan. Die Lage dort werde "immer gefährlicher", so dass die deutschen Soldaten "unabkömmlich" seien. Der von der Bundeswehr angeforderte Luftangriff auf zwei Tanklastzüge nahe Kundus Anfang September habe allerdings "sehr geschadet", sagte Holbrooke.

Der CSU-Politiker Uhl äußerte sich zurückhaltend zu einer möglichen Aufstockung des Bundeswehr-Kontingents in Afghanistan. Nach acht Jahren Bundeswehr-Einsatz am Hindukusch sei es "unangemessen, die Diskussion über mehr oder weniger Soldaten in den Vordergrund zu stellen", zitiert der "Kölner Stadt-Anzeiger" aus einem Positionspapier von Uhl. Vielmehr bedürfe es "einer Überprüfung unserer Ziele und einer effektiven Strategie zu deren Erreichung". Erst danach solle über die dafür notwendigen Mittel nachgedacht werden.

"Überambitionierte Ansätze"

Uhl warnte in dem Papier vor unrealistischen Zielen. "Überambitionierte Ansätze" wie die "Einführung einer zentral organisierten Demokratie" würden nur dazu führen, "dass wir unser umfassendes militärisches Engagement für unabsehbare Zeit aufrechterhalten müssen".

Die geplante Aufstockung des US-Kontingents in Afghanistan wird die Taliban nach Einschätzung eines Vertreters der US-Armee massiv unter Druck setzen. Wenn sich die Aufständischen auf eine direkte Konfrontation mit den US-Soldaten einließen, würden sie "einfach vernichtend geschlagen", sagte der US-Vertreter. Daher würden die Taliban voraussichtlich häufiger Selbstmordattentate verüben.

Der US-Oberkommandierende in Afghanistan, Stanley McChrystal, hatte zuvor vor dem US-Kongress gesagt, die geplante Aufstockung der US-Truppen werde es erlauben, die Taliban zu isolieren.

(AFP/csr)
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