"Ärzteausbeutung" Mediziner protestieren in Frankfurt und Marburg

Frankfurt/Main (rpo). In Frankfurt am Main und Marburg protestieren hunderte Ärzte der Unikliniken für besser Arbeitsbedingungen und mehr Geld. In weiße Kittel gekleidet fordern sie eine Ende der "Ärzteausbeutung". Kollegen in anderen Bundesländern wollen im Laufe der Woche folgen.

Laut Marburger Bund sollen die Kundgebungen die ganze erste Woche andauern. Am Dienstag beispielsweise wollen die Ärzte in Gießen demonstrieren, und auch in Bayern sind Aktionen geplant. Höhepunkt der Proteste soll ein zentraler Demonstrationstag am Freitag in Berlin sein. Damit kein Patient zu Schaden kommt, soll während der Warnstreiks und Protestaktionen eine Notversorgung aufrechterhalten werden.

Die Verärgerung der Ärzte richtet sich vor allem gegen die Sparmaßnahmen der öffentlichen Hand in den Krankenhäusern. Der Vorsitzende des Klinikärzteverbandes, Frank Ulrich Montgomery, sprach im Berliner "Tagesspiegel" von "staatlichem Lohnraub" und "bodenlosem Zynismus". Einerseits hofiere man die Ärzte an den Universitätskliniken als wissenschaftliche Elite, andererseits mute man ihnen Einkommenskürzungen von 15 Prozent zu. Der Protest der Ärzte richtet sich insbesondere gegen die Einführung der 42-Stunden-Woche, die Streichung des Urlaubsgeldes sowie die Kürzung des Weihnachtsgeldes.

Kritik an der Aktionswoche der Klinikärzte übte indessen der Gesundheitsökonom Karl Lauterbach. "Den Funktionären fällt nichts ein als der Ruf nach mehr Geld", sagte Lauterbach dem "Tagesspiegel". Das Problem liege aber in schlechtem Management und ungerechter Einkommensverteilung in den Krankenhäusern. So müssen junge Assistenzärzte nach den Worten Lauterbachs unter unattraktiven Bedingungen arbeiten, während Chefärzte sehr häufig mehr als eine Million und mitunter bis zu fünf Millionen Euro im Jahr verdienten.

Kritik an Aktionswoche

So hat sich die nicht leistungsgerechte Bezahlung nach den Worten Lauterbachs zum Hauptproblem entwickelt. Anders als etwa in den USA lasse sich hier zu Lande mit der Behandlung von privat Versicherten viel, mit der Behandlung gesetzlich Versicherter aber nur wenig Geld verdienen. Leidtragende seien Kassenpatienten und junge Klinikärzte. "Dieses System ist ungerecht und muss überwunden werden", erklärte der Experte.

Zudem gebe es in der Frage der Arbeitszeiten unter den Ärzten "keine klare Linie", betonte Lauterbach. Manche wehrten sich gegen Überstunden, andere fühlten sich finanziell darauf angewiesen, weswegen es in den Kliniken auch "keine sauber funktionierenden Schichtsysteme" gebe.

Der CDU-Sozialexperte Andreas Storm kritisierte insbesondere das "Übermaß an Bürokratisierung". Klinikärzte verbrächten 30 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Dingen, die mit ihrer eigentlichen Aufgabe nichts zu tun hätten, betonte er.

(afp)
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