Medienbericht Rechtsextremisten drohen Özdemir und Roth mit Ermordung

Berlin · Immer wieder bekommen Politiker Morddrohungen - konkrete Todesdrohungen haben nun Ex-Grünen-Chef Özdemir und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth erhalten. Sie wurden bereits wiederholt massiv bedroht.

Grünen-Politiker Cem Özdemir.

Grünen-Politiker Cem Özdemir.

Foto: dpa/Arne Immanuel Bänsch

Rechtsextremisten haben dem Grünen-Politiker Cem Özdemir nach einem Medienbericht eine Todesdrohung geschickt. Özdemir stehe als erster Name auf einer Todesliste, schrieb demnach Ende Oktober eine Gruppe namens „Atomwaffen Division Deutschland“ in einer E-Mail an das Büro des türkischstämmigen Bundestagsabgeordneten. Eine rechtsextremistische Gruppe „Atomwaffen Division“ (AWD) gibt es in den USA. Die Zeitungen der Funke-Mediengruppe zitieren aus der ihnen vorliegenden Mail: „Zurzeit sind wir am Planen wie und wann wir Sie hinrichten werden, bei der nächsten öffentlichen Kundgebung? Oder werden sie von uns vor ihrem Wohnort abfangen.“

Der 53-jährige Ex-Grünen-Chef gab die Mail an die Bundestagspolizei und das Bundeskriminalamt (BKA) weiter. Er wurde in der Vergangenheit bereits wegen seiner scharfen Kritik am türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan von türkischen Nationalisten massiv bedroht und erhält seit längerem Personenschutz.

Auch Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth wurde durch die AWD mit dem Tod bedroht. Roth sagte demnach dazu: „Die Drohung mag diesmal gegen Cem und mich gerichtet sein, doch sie reiht sich ein in eine lange Liste versuchter Einschüchterungen - gegen Kommunalpolitikerinnen und die Zivilgesellschaft, gegen Jüdinnen und Muslime, gegen Künstlerinnen und Menschen mit Migrationshintergrund.“ Und weiter: „Wer glaubt, uns mit seinem dumpfen Hass und seiner geschichtsblinden Hetze vom Einsatz für eine vielfältige und weltoffene Gesellschaft abbringen zu können, den muss ich bitter enttäuschen.“

Das BKA verwies am Samstag wie bereits von den Zeitungen berichtet allgemein auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linke-Fraktion vom Juli 2018. Darin hieß es, nach vorliegenden Erkenntnissen ergäben sich keine Anhaltspunkte, die darauf hindeuteten, dass es sich bei der „Atomwaffen Division“ um eine terroristische Vereinigung handle. Weiter hieß es: „Die Gefährdung durch extrem rechte und rechtsterroristische Gewalttaten in der Bundesrepublik Deutschland bleibt, auch nach der Ankündigung der Existenz eines deutschen Ablegers der AWD, unverändert auf einem abstrakt hohen Niveau.“

Özdemir sagte den Zeitungen: „Ich kann mich auf den Begleitschutz durch das BKA verlassen. Doch was ist mit all den Kommunalpolitikerinnen und den ehrenamtlich Engagierten, die angefeindet werden und keinen Personenschutz haben?“ Es müsse möglich sein, am Spielfeldrand, im Bus und auf der Betriebsfeier für eine offene Gesellschaft einzutreten, ohne danach Hasskommentare in den sozialen Netzen zu bekommen.

„Aber wir müssen auch dafür sorgen, dass Hasskriminalität konsequenter ermittelt und zur Anklage gebracht wird“, so Özdemir. „Dafür braucht es Schwerpunktstaatsanwaltschaften gegen Hasskriminalität und eine bessere Ausstattung und Ausbildung der Polizei, Strafverfolgungsbehörden und Gerichte zum Thema digitale Gewalt“, sagte er.

Die Bundesregierung hatte erst vor kurzem angekündigt, mit schärferen Strafen, erweiterten Kompetenzen der Behörden und einer Meldepflicht für strafbare Inhalte im Internet auf die rechte Gewalt der vergangenen Monate reagieren zu wollen. Der Plan sieht auch einen besseren Schutz für Kommunalpolitiker vor.

Im Juni war der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) ermordet worden. Stephan E., der den Behörden vor Jahren als Rechtsextremist aufgefallen war, sitzt in diesem Fall als Hauptverdächtiger in Untersuchungshaft.

2018 wurden Politiker und Behördenvertreter insgesamt 1256 Mal Opfer politisch motivierter Straftaten. Darunter waren 43 Gewaltdelikte, wie BKA-Präsident Holger Münch und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) im Mai mitgeteilt hatten. 517 dieser Straftaten ordnete die Polizei der rechten, 222 der linken Szene zu.

Vor der Landtagswahl in Thüringen hatte der CDU-Spitzenkandidat Mike Mohring eine neuerliche Morddrohung gegen ihn öffentlich gemacht, offensichtlich aus der rechtsextremen Szene. Auch der Spitzenkandidat der Grünen im Thüringer Landtagswahlkampf, Dirk Adams, wurde nach eigenen Angaben von Rechtsextremisten bedroht. Zuvor hatte Grünen-Chef Robert Habeck nach Angaben seiner Partei vor einer Wahlkampfveranstaltung eine Morddrohung in einem sozialen Netzwerk erhalten.

(felt/zim/dpa)
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