Liveübertragung im Fernsehen So feiert Deutschland den 30. Jahrestag des Mauerfalls

Berlin · „Nach meiner Kenntnis ist das sofort, unverzüglich.“ Am Abend des 9. November 1989 verkündete der SED-Politiker Günter Schabowski in Ost-Berlin fast beiläufig die Öffnung der Grenzen. Eine Weltsensation. 30 Jahre später erinnert Deutschland an die friedliche Revolution.

30 Jahre Mauerfall: Politiker und Bürger erinnern an die friedliche Revolution
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Politiker und Bürger erinnern an 30 Jahre Mauerfall

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Foto: dpa/Michael Kappeler

In der Hauptstadt Berlin werden zu einem zentralen Gedenken am Samstag (10.30 Uhr) in der Mauer- Gedenkstätte an der Bernauer Straße Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet.

Bei den Feierlichkeiten am Samstag empfängt der Bundespräsident zunächst die Staatspräsidenten der Slowakei, Polens, Tschechiens und Ungarns im Berliner Schloss Bellevue, bevor sie zusammen zu der Veranstaltung an der Bernauer Straße fahren. Dort werden sie auch das Denkmal „Die Kauernde, sich aufrichtend“ besuchen, das den Beitrag der Staaten zum Fall der Mauer am 9. November 1989 würdigt.

Bei der Gedenkveranstaltung auf dem früheren Todesstreifen werden laut Mauer-Stiftung auch Schüler sprechen. Zudem sollen Rosen für die Opfer in die Hinterlandmauer gesteckt werden. An einer Andacht in der Kapelle der Versöhnung nimmt auch die Kanzlerin teil, die dort auch sprechen wird. Danach werden Kerzen entzündet. Damit soll laut Stiftung der Mut der DDR-Opposition gewürdigt werden, die die friedliche Revolution möglich gemacht habe.

Die Bernauer Straße gilt als Symbol der deutschen Teilung. Als die Mauer 1961 hochgezogen wurde, lag die Häuserfront der Straße im Osten, der Bürgersteig im Westen. Zur heutigen Erinnerungslandschaft unter freiem Himmel gehören original erhaltene Mauerteile.

Sachsen-Anhalt und Niedersachsen haben eine gemeinsame Feierstunde mit ihren Länderchefs geplant. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wird im bayerischen Hof erwartet. Hessen und Thüringen feiern zusammen mit ihren Ministerpräsidenten ein Bürgerfest. Im früheren Grenzort Mödlareuth soll symbolisch wieder ein Tor zwischen Thüringen und Bayern geöffnet werden.

In Berlin wird der Bundespräsident am Brandenburger Tor bei einer großen Bühnenshow zu den Menschen sprechen (18.00 Uhr), ebenso die frühere DDR-Oppositionelle Marianne Birthler. Die Staatskapelle Berlin unter Daniel Barenboim spielt die 5. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Zum Abschluss soll ein Feuerwerk in den Himmel steigen. Die Bühnenshow wird vom ZDF live übertragen.

Das Programm wird von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) eröffnet. Er hatte am Freitag bei einer Feierstunde im Abgeordnetenhaus gesagt: „Berlin, Deutschland freue Dich darüber, was Du in den letzten 30 Jahren geschaffen hast.“

Die Wiedervereinigung wird nach Merkels Ansicht jedoch deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen, als ursprünglich erhofft. „Bei manchem, von dem man gedacht hat, dass es sich zwischen Ost und West angleichen würde, sieht man heute, dass es doch eher ein halbes Jahrhundert oder länger dauert“, sagte Merkel der „Süddeutschen Zeitung“ (Wochenende).

Christoph Hein, einer der wichtigsten Schriftsteller in der DDR, kritisierte, wie es zur deutschen Einheit kam: „Es gab keine Wiedervereinigung, es war ein Beitritt, den man auch Anschluss nennen kann“, sagte er dem „Neuen Deutschland“ (Samstag). Die Ostdeutschen hätten sich den Gesetzen, Normen und Werten der Bundesrepublik unterwerfen müssen. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) wies derartige Vorwurf zurück. Das sei „Unsinn“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag). Die „klare Mehrheit“ der Menschen (in der DDR) habe damals gerufen: „Wir sind ein Volk.“

Nach einer Studie im Auftrag der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur finden 74 Prozent der Menschen, dass das Leben nach dem Mauerfall besser geworden ist - gleichermaßen in Ost und West. Mehr als drei Viertel empfinden die Öffnung der Grenzen als Glücksfall. Aktuell denken aber 41 Prozent, dass die Unterschiede zwischen den Menschen in Ost- und Westdeutschland gegenüber Gemeinsamkeiten überwiegen.

 Jubelnde Menschen stehen am frühen Morgen des 10. November 1989 auf der Berliner Mauer.

Jubelnde Menschen stehen am frühen Morgen des 10. November 1989 auf der Berliner Mauer.

Foto: AP/Jockel Finck

Die deutsche Teilung hatte spätestens mit der Gründung von DDR und Bundesrepublik 1949 begonnen. Mit dem Bau der knapp 160 Kilometer langen Mauer quer durch Berlin begann die DDR dann am 13. August 1961. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen starben in den mehr als 28 Jahren ihres Bestehens mindestens 140 Menschen durch das Grenzregime.

(hebu/dpa)
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