Debatte nach Attacke von Würzburg „Zuwanderer sind insgesamt überdurchschnittlich oft kriminell“

Bonn · Aktuell mehren sich Warnungen vor einer Bedrohung durch islamistischen Terror und Rufe nach einer offeneren Debatte über die Kriminalität von Zuwanderern: Nach der tödlichen Messerattacke von Würzburg wird über mögliche Konsequenzen rund um Zuwanderung, Abschiebung und Integration diskutiert.

 Trauerkerzen und Blumen liegen vor dem Kaufhaus in der Würzburger Innenstadt, in dem ein Mann Menschen mit einem Messer attackiert hatte.

Trauerkerzen und Blumen liegen vor dem Kaufhaus in der Würzburger Innenstadt, in dem ein Mann Menschen mit einem Messer attackiert hatte.

Foto: dpa/Nicolas Armer

"Das Thema darf weder politisch instrumentalisiert noch tabuisiert werden", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Mathias Middelberg, der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die Statistiken zeigten, "dass Zuwanderer insgesamt überdurchschnittlich oft kriminell sind, ihr Anteil an der Gesamtzahl der Tatverdächtigen allerdings sinkt".

Dabei falle auf, dass etwa syrische Zuwanderer unterdurchschnittlich oft kriminell seien, Zuwanderer aus den Maghreb-Staaten oder Georgien dagegen, die selten ein Aufenthaltsrecht hätten, überdurchschnittlich oft: "Wir dürfen in unseren Anstrengungen nicht nachlassen, einerseits anerkannte Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft zu integrieren und andererseits Personen ohne Aufenthaltsrecht in ihre Herkunftsländer zurückzuführen."

Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Ute Vogt, sagte der Zeitung: "Religiöser Extremismus, insbesondere in der Form des Islamismus, war nie verschwunden." In Bezug auf die Tat von Würzburg müsse man "wohl feststellen, dass auch psychische Probleme eine Rolle spielen können. Die psychologische Betreuung von Geflüchteten muss daher auf den Prüfstand gestellt werden."

Eine weitere Lehre müsse sein, genau hinzuschauen, "wenn es jemand über Jahre nicht schafft, in Deutschland anzukommen und sich eine eigene Existenz aufzubauen". Psychotherapeuten und andere Experten forderten, psychisch kranken Flüchtlingen einen raschen und unbürokratischen Zugang zu Therapien zu ermöglichen. Außerdem dürfe man sich nicht nur auf Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive konzentrieren.

FDP-Chef Christian Lindner sprach sich im "Münchner Merkur" für eine neue "gesteuerte Migrationspolitik" aus: "Wir brauchen die fleißigen Hände und klugen Köpfe von Zuwanderern, die wir uns aussuchen, um die Rente stabil und die Wirtschaft am Laufen zu halten." Mit politisch verfolgten Menschen müsse man solidarisch sein, betonte er weiter: "Das ist humanitäre Verpflichtung. Aber wer einerseits nicht qualifiziert oder integrationsbereit ist, wer andererseits auch nicht verfolgt ist, der kann nicht kommen oder bleiben."

Nach Ansicht des Islamwissenschaftlers und Extremismus-Experten Hakan Celik hat sich die Islamisten-Szene in Deutschland nicht beruhigt in der Corona-Zeit, sondern nur stärker ins Internet verschoben: "Das Netz wurde mit neuen gefährlichen Inhalten geflutet", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Zudem sei der Anteil der Frauen in der Szene gestiegen.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnte vor einer "simplen Abschiebe-Debatte" nach Würzburg: "Deutschland kann Flüchtlinge mit schweren psychischen Erkrankungen nicht einfach in ihre Heimatländer abschieben", sagte Vizechef Jörg Radek der Funke Mediengruppe. Anstelle einer "simplen Abschiebe-Debatte" müsse man "genauer in die Flüchtlingsunterkünfte schauen". Dort brauche es eine stärkere Aufmerksamkeit auch für psychische Erkrankungen.

Eine Menschenkette in Würzburg für die Opfer der Messerattacke lobte der katholische Bischof Franz Jung als "wunderbares Symbol". Zugleich warnte er vor pauschalen Verdächtigungen gegen einzelne Religionen oder Gruppen.

(felt/kna)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort