Erbitterte Debatte Streit um Abschiebung spitzt sich zu

Berlin · Der CSU-Landesgruppenchef Dobrindt bezeichnet Klagen gegen Abschiebe-Entscheidungen als "Sabotage". Auch CDU-Vize Strobl spricht von einem "Geschäftsmodell", die Ausreisepflicht zu erschweren. Kritik kommt von SPD, Linken und FDP.

Massive Kritik an Dobrindt - Streit um die Abschiebung spitzt sich zu
Foto: C.Schnettler

Der CSU-Landesgruppenchef bezeichnet Klagen gegen Abschiebe-Entscheidungen als "Sabotage". Auch CDU-Vize Strobl spricht von einem "Geschäftsmodell", die Ausreisepflicht zu erschweren.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat mit seiner neuerlich zugespitzten Kritik an verhinderten Abschiebungen Proteste ausgelöst. "Die Anti-Abschiebe-Industrie nutzt die Mittel des Rechtsstaates, um ihn durch eine bewusst herbeigeführte Überlastung von innen heraus zu bekämpfen", sagte Dobrindt der "Bild am Sonntag". 2015 seien "unsere Grenzen überrannt" worden, jetzt versuchten "Abschiebe-Saboteure das Gleiche mit unseren Gerichten".

Schon in der vergangenen Woche hatte Dobrindt mit seiner Kritik an einer "aggressiven Anti-Abschiebe-Industrie" für Schlagzeilen gesorgt. Während sich Politiker von CDU und SPD davon distanzierten, stimmte CSU-Chef Horst Seehofer ausdrücklich zu: "Ich habe kein Verständnis für Menschen, die gegen die Abschiebung von Straftätern protestieren", erklärte Seehofer. Dies sei " Verfall der guten Sitten".

NRW-Vizeregierungschef Joachim Stamp (FDP) verwahrte sich gegen den erneuten Vorstoß der CSU. "Alexander Dobrindt geht es erkennbar nur um rechte Stimmungsmache", sagte Stamp unserer Redaktion. Das sei unseriös. "Ich fordere statt bayerischem Dauerwahlkampfgetöse endlich einen Migrationsgipfel, damit einerseits Verfahren und Rückführungen beschleunigt werden und andererseits gut integrierte Geduldete ein vernünftiges Aufenthaltsrecht bekommen", erklärte der FDP-Politiker.

SPD-Innenexperte Burkhard Lischka verlangte ebenfalls, dass die deutsche Politik sich bei der Abschiebung "ehrlich" machen müsse. "Wir schieben teilweise gut integrierte Menschen ab, die seit vielen Jahren hier arbeiten", kritisierte der Sozialdemokrat. Er plädierte stattdessen dafür, für diesen Personenkreis eine Stichtagsregelung zu treffen, damit sie bleiben könnten.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der Bundesregierung vor, eine Mitverantwortung für die vielen Klagen zu tragen. Denn immer noch fehle es an Personal, Asylbescheide seien mangelhaft. Die Linke warf Dobrindt eine Vergiftung des gesellschaftlichen Friedens vor. Für CDU-Vize Thomas Strobl hat Dobrindt zwar zugespitzt formuliert. Doch könne er dessen Sicht nachvollziehen. Abschiebungen seien schwierig, und es gebe eine ganze Reihe von Personen und Organisationen, die das Vollziehen der Ausreisepflicht noch schwieriger machen wollten. "Für manche, nicht für alle, ist das ein regelrechtes Geschäftsmodell", sagte Strobl unserer Redaktion.

FDP-Chef Christian Lindner rief dazu auf, die Debatte über Migration "nüchterner und vernünftiger" zu führen. Damit reagierte er auf heftige Kritik in sozialen Netzwerken an seiner Parteitagsrede. "Man kann beim Bäcker in der Schlange nicht unterscheiden, wenn einer mit gebrochenem Deutsch ein Brötchen bestellt, ob das der hoch qualifizierte Entwickler künstlicher Intelligenz aus Indien ist oder eigentlich ein sich bei uns illegal aufhaltender, höchstens geduldeter Ausländer", hatte Lindner erklärt. Damit die Gesellschaft befriedet ist, müssten "sich alle sicher sein, dass jeder, der sich bei uns aufhält, sich auch legal bei uns aufhält", so der FDP-Vorsitzende.

(may-)
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