Bleibt es nur beim Teil-Lockdown? Markus Söder stößt Debatte über härtere Corona-Maßnahmen an

Berlin · Angesichts wieder höherer Corona-Infektionszahlen wächst die Nervosität unter Politikern, die gerade erst beschlossenen Schutz-Maßnahmen zu verschärfen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte die Debatte nach der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch angestoßen. Doch andere Länderchefs sehen derzeit noch keinen Anlass, die Maßnahmen bundesweit zu verschärfen.

 Bayerns Markus Söder (CSU).

Bayerns Markus Söder (CSU).

Foto: dpa/Armin Weigel

Das Land befinde sich in einem „Halbschlaf“ und die Frage sei, ob nicht doch konsequentere und härtere Maßnahmen nötig seien, hatte Söder erklärt. Welche dies sein könnten, sagte er nicht – klar ist jedoch: Am Ende könnten auch Ausgangsbeschränkungen beschlossen werden. Die Runde der Länderchefs bei Merkel am Mittwoch hatte den Teil-Lockdown und damit die Schließung von Restaurants und Kultureinrichtungen bis zum 10. Januar verlängert.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich warf dem bayerischen Regierungschef daraufhin am Freitag unangemessene Selbstinszenierung in der Corona-Krise vor. „Ich bin überrascht, wie theatralisch und selbstverliebt der bayerische Ministerpräsident nach der Ministerpräsidentenkonferenz schon wieder aufgetreten ist“, sagte Mützenich unserer Redaktion.

Er verwies darauf, dass Bayern mit die höchsten Infektionszahlen in Deutschland habe. Söders ständige Forderungen an den Bund und seine Vorschläge in der Corona-Krise änderten nichts daran. „Ich rate ihm sehr, sich mehr um die Dinge in seinem Bundesland zu kümmern, anstatt die gemeinsamen Beschlüsse zu konterkarieren und von bundesweit unausgegorenen Maßnahmen zu fabulieren“, sagte Mützenich. CSU-Generalsekretär Markus Blume wies die Kritik zurück.

Bund und Länder hatten am Mittwochabend vereinbart, den geltenden Teil-Lockdown bis zum 10. Januar zu verlängern. Söder warf danach die Frage auf, ob nicht schärfere Maßnahmen nötig seien. „Die Frage ist, ob wir das Land die ganze Zeit in dieser Art von Halbschlaf halten können oder ob wir nicht irgendwann auch mal überlegen müssen, an einigen Stellen sehr deutlich und konsequent tiefer heranzugehen“, sagte der CSU-Chef. Söder selbst erwägt eine Verschärfung der Kontaktbeschränkungen - auch zu Silvester.

CSU-Generalsekretär Blume konterte am Freitag: „Man hat lange nichts von Herrn Mützenich gehört, er scheint nicht im Bilde zu sein. Er sollte sich mal bei seinen SPD-Ministerpräsidenten erkundigen, wie ernst die Lage ist.“ Blume betonte: „Wir sind mitten in der zweiten Welle mit unerträglich hohen Fall- und Todeszahlen. Herr Mützenich kann sagen, was er will: Für uns stehen Sicherheit und Gesundheit weiter an erster Stelle, dafür setzen wir uns in Deutschland ein.“

Der Chef der Ministerpräsidentenkonferenz, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), forderte seine Länderkollegen unterdessen auf, in ihrem jeweiligen Bundesland unabhängig von den jüngsten gemeinsamen Vereinbarungen bei hohen Infektionszahlen auch härtere Corona-Schutzmaßnahmen zu verhängen. „Wir wollen keine Empfehlungen für andere geben. Das kann jedes Land für sich entscheiden, ob es noch schärfer vorgehen möchte", sagte Müller. „Berlin hat aufgrund seiner hohen Inzidenzwerte deshalb schon schärfere Maßnahmen beschlossen", sagte der SPD-Politiker. „So dürfen sich bei uns über Weihnachten und bis Silvester schon jetzt nur fünf Menschen und nicht zehn treffen. Gern können sich andere Länder an dieser Regel orientieren“, erklärte Müller.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) verwies auf die Beschlüsse vom Mittwoch. „Bund und Länder haben in ihrer jüngsten Besprechung beschlossen, die im November festgelegten Maßnahmen bis zum 10. Januar 2021 zu verlängern, sofern sich keine grundlegend neue Situation hinsichtlich der Entwicklung der Neuinfektionen ergibt. Bund und Länder sind dazu auf Staatssekretärsebene in ständigem Austausch. Ich finde dieses Vorgehen richtig“, sagte Dreyer. Auch Weihnachten und der Jahreswechsel verlangten große Zurückhaltung. Die Bürger und Bürgerinnen blieben aufgerufen, die AHA-Regeln weiter konsequent einzuhalten und auch über den Jahreswechsel die Kontakte mit anderen auf das Notwendigste zu reduzieren. „Wie genau die Regelungen für Weihnachten aussehen werden, werden wir in der kommenden Woche entscheiden“, sagte sie.

Auch Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sah noch keinen Anlass, die Maßnahmen jetzt zu verschärfen: „Alles hängt am Ende von der Einsicht der Menschen ab. Damit das so bleibt, brauchen wir lebensnahe Vorschriften. Feiern auch zwischen den Jahren mit maximal zehn Personen aus dem engsten Freuendes und Familienkreis halte ich für vertretbar.“

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