Wie umgehen mit dem Nachbarn in der Krise? Frankreichs Defizit entzweit Berlin

Berlin · Union und SPD sind uneins darüber, ob Frankreich mehr Zeit für den Defizitabbau gewährt werden soll oder nicht.

 Premier Manuel Valls warb in Deutschland um Vertrauen in seine Regierung.

Premier Manuel Valls warb in Deutschland um Vertrauen in seine Regierung.

Foto: ap

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ermahnte den französischen Premierminister Manuel Valls bei dessen Besuch in Berlin, den angekündigten Reformprozess zu beschleunigen. Vize-Kanzler und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zeigte dagegen Verständnis für die französische Bitte nach mehr Zeit für den Defizitabbau.

Wenn die EU-Kommission Frankreich wegen des Verstoßes gegen den Stabilitätspakt Strafzahlungen in Milliardenhöhe androhe, sei dem Land damit auch nicht geholfen, sagte Gabriel.

Frankreich wird auch 2015 und 2016 die erlaubte Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts verfehlen. Daher drohen Frankreich nun Strafzahlungen, die von der EU-Kommission verhängt werden könnten. Zuständig ist der neue Währungskommissar Pierre Moscovici, der frühere französische Finanz- und Wirtschaftsminister.

Merkel ermahnte Valls zur Einhaltung des gemeinsamen Sparkurses. Davon hänge die dauerhafte Gesundung der Euro-Zone ab. "Mir geht es darum, dass Europa glaubwürdig ist. Das heißt, dass wir uns an das halten, was wir miteinander vereinbart haben", sagte Merkel. Es sei jetzt Sache der EU-Kommission, die Lage Frankreichs zu prüfen. Valls versicherte, Paris werde die versprochenen Reformen liefern.

"Frankreich wird auf jeden Fall seiner Verantwortung gerecht werden", sagte der Premier. Strukturreformen und Einsparungen von insgesamt 50 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren seien bereits beschlossen. Gabriel sagte: "Strukturreformen alleine scheitern, wenn sie nicht mit Wachstumspolitik verbunden werden."

"Frankreich möchte nun schon zum dritten Mal mehr Zeit bekommen für den Defizitabbau. Schon beim letzten Mal 2013 hatte Frankreich im Gegenzug Strukturreformen und Ausgabenkürzungen in zweistelliger Milliardenhöhe versprochen, doch geschehen ist nichts", kritisierte CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle.

"Das ist ärgerlich. Frankreich verliert so an Glaubwürdigkeit. Wir haben die Sorge, dass Frankreich als großes Euro-Land so dazu beiträgt, dass das Vertrauen in den Euro insgesamt wieder bröckelt. "Realistisch betrachtet, werde man am Ende aber doch nicht umhin kommen, Frankreich mehr Zeit zu geben.

(mar)
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