Mahnender Appell zu Energiepolitik Manager greifen Merkel an

Berlin (RPO). Bisher war die Kanzlerin bei den deutschen Unternehmen gern gesehen. Glanzvolle Auftritte mit Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann oder Reisen mit namhaften Wirtschaftsgrößen ins arabische Ausland. Doch die Zeiten sind wohl vorbei. 40 Top-Manager haben sich zu einem Bündnis zusammengeschlossen, dass gegen die Energiepolitik der Regierung protestiert.

Merkel auf Energiereise
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Die Manager drängen die Bundeskanzlerin zum Verzicht auf neue Energiesteuern und zum Weiterbetrieb von Kernkraftwerken. In Form einer ganzseitigen Anzeige, aus dem das "Handelsblatt" zitiert und die unter dem Titel "Mut und Realismus für Deutschlands Energiezukunft" läuft, wollen sie sich ab Samstag an die Öffentlichkeit wenden.

Das Besondere: Nicht nur die großen Energieunternehmen, die sich seit Wochen gegen die Brennelementesteuer wehren, sind Unterstützer des Appells, sondern Manager aus breiten Teilen der Gesellschaft. Dazu gehören neben Ackermann Schwergewichte wie etwa Deutsche-Bahn-Chef Rüdiger Grube, BDI-Präsident Hans-Peter Keitel oder Bahlsen-Geschäftsführer Werner Bahlsen. Aber auch Fußball-Manager Oliver Bierhoff, Professoren und Publizisten sind dabei.

Auch Unionspolitiker Unterzeichner

Was die Kanzlerin zusätzlich besonders schmerzen dürfte: Unter den Unterzeichnern des Appells sind nicht nur parteipolitische Gegner wie die früheren SPD-Minister Wolfgang Clement und Otto Schily, sondern auch Leute aus den eigenene Reihen wie der ehemalige CDU-Spitzenpolitiker Friedrich Merz und der Unionsfraktionsvize im Bundestag, Michael Fuchs.

In der Anzeige der Manager heißt es unter anderem, eine zukunftsträchtige Energiepolitik müsse auch die Kernenergie einbeziehen. Ein vorzeitiges Abschalten vorhandener Atomanlagen würde "Kapital in Milliardenhöhe vernichten, zu Lasten der Umwelt, der Volkswirtschaft und der Menschen in unserem Land".

Auch zu Plänen der Regierung für die Brennelementesteuer äußern sich die Unterzeichner kritisch. "Eine Politik, die darauf setzt, den Haushalt mit neuen Energiesteuern zu sanieren, blockiert die notwendigen Investitionen der Zukunft", heißt es.

Der Jubel ist verklungen

Der flächendeckende Protest zeigt vor allem eins: Die Berliner Koalition hat nicht nur das Vertrauen der Bevölkerung verspielt, wie jede Woche die Umfragewerte der großen Institute zeigen, sondern auch das der Wirtschaft. Nicht umsonst sind gerade bei diesen Jubelstürme entbrannt, als Schwarz-Gelb gewählt wurde. Vorbei die Zeiten der grünen Politik, vorbei das ewige Hin und Her zwischen Union und SPD.

Und vor allem die Energiewirtschaft atmete auf, schließlich wollte die Regierung den von rot-grün beschlossenen Atomausstieg aufweichen und die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängern. Doch bisher hat sich in dieser Hinsicht nichts getan - außer parteipolitisches Gezänk etwa von Seiten des Umweltministers Norbert Röttgen, der sich für eine moderate Laufzeit ausspricht.

Die Energiewirtschaft ging sogar dazu über, mit dem Sofortausstieg aus der Atomenergie zu drohen, sollte die Brennelementesteuer kommen. Und tatsächlich soll nun wohl erst Ende September eine Entscheidung zu der Steuer fallen.

Zweifel am Agieren von Schwarz-Gelb

Dabei bräuchte der Wirtschaft nicht wirklich bange sein, denn Merkel wird sich kaum gegen die großen Verbündeten der Union stellen. Zumal die Verlängerung der Laufzeiten Konsens zu sein scheint und Schwarz-Gelb immer wieder darauf beharrt hat, dass die Kohle als Übergang benötigt wurde. Forschungsprojekte wie die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid im CCS-Verfahren zeigen die Bemühungen darum.

Doch wie groß die Zweifel an der Kanzlerin sind, zeigt nun der eindringliche Appell. So etwas gab es nicht einmal unter Rot-Grün, als eine restriktivere Energiepolitik verfolgt wurde. Dabei sitzt im Umweltministerium eben kein grüner Minister mehr, sondern ein CDU-Politiker. Und die Furcht der Wirtschaft, im neuen Energiekonzept der Regierung, dass in wenigen Wochen stehen soll, eine Katastrophe nach der anderen zu finden, wächst von Tag zu Tag - und von Streit zu Streit.

Für Merkel heißt das vor allem eins: Das ewige Hinauszögern der Entscheidung entzweit nicht nur die Koalitionäre, sondern lässt die Skepsis auch bei den Unterstützern steigen. Und die braucht die Kanzlerin mehr denn je, will sie mit ihrer schwarz-gelben Regierung nicht sang- und klanglos untergehen. Der Zwist in der Regierung schadet darum einmal mehr - und diesmal nicht nur im Ansehen der Wähler.

Merkel reagiert gelassen auf Managerkritik

Angela Merkel hat unterdessen gelassen auf die Kritik von Managern und Politikern an ihrer Atompolitik reagiert. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Freitag in Berlin, die Gegner der Atomkraft hätten sich bereits deutlich geäußert, Nun hätten sich die Befürworter einen Laufzeit-Verlängerung gemeldet. "Das gehört alles zu einer öffentlichen Diskussion", sagte er. "Da gibt es erst mal gar nichts gegen einzuwenden."

"Das alles bleibt nicht unbemerkt, fließt natürlich in die Gedanken der Bundesregierung und der Bundeskanzlerin ein. Und am Ende steht ein Energiekonzept", fügte Seibert an. Der künftige Energiemix müsse "sicher, sauber und bezahlbar" sein". Der Industrie müsse es möglich sein, weiter in Deutschland Wohlstand zu erzeugen

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