Portrait des neuen PLO-Chefs Mahmud Abbas: Wer ist der "alte" Neue?

Ramallah (rpo). Chef der PLO, der Palästinensischen Befreiungsorganisation, war der 69-jährige Mahmud Abbas bereits kurz nach dem Tod Jassir Arafats. Es stellt sich die Frage, wer der "ewige Zweite" hinter Arafat ist. Welche Fähigkeiten er im Hintergrund einsetzte, ist zu ermitteln.

Abbas war seit 1996 der Generalsekretär der PLO und stand in dieser Position immer im Schatten Arafats. Erst nachdem der todkranke Arafat nach Paris ausgeflogen wurde, leitete er erstmals eine Sitzung der Palästinenserorganisation - die erste Sitzung in der Geschichte des Gremiums ohne den bislang unangefochtenen Chef Arafat. Abbas gilt als Mann des Ausgleichs, der auf Verhandlungen statt auf Gewalt setzt.

USA unterstützen Abbas bisher

Ginge es nach dem Willen der USA, hätte Abbas schon längst eine Schlüsselrolle in der palästinensischen Führung inne. Auf massiven Druck Washingtons, das Arafat seit dem Amtsantritt von George W. Bush total ignorierte, wurde Abbas im April 2003 als erster Regierungschef der Palästinenserbehörde eingesetzt; ihm sollten weitgehende Machtbefugnisse des Präsidenten übertragen werden. Doch nach knapp vier Monaten intensiven Machtkampfs mit Arafat warf Abbas entnervt das Handtuch.

Viele Beobachter hatten "Abu Masen", wie ihn die Palästinenser nennen, nach der aufreibenden Konfrontation mit Arafat als politische Kraft bereits abgeschrieben. Er hielt sich aus der Öffentlichkeit fern und nahm nur selten politische Termine wahr. Gleichzeitig hielt er jedoch an seinen Ämtern als PLO-Generalsekretär und Arafats Vize in der Fatah-Organisation fest. Seit seinem Rücktritt als Ministerpräsident ließ er sich allerdings bei keiner Fatah-Sitzung mehr blicken. Der monatelangen Funkstille zwischen Abbas und Arafat folgte schließlich eine vorsichtige Annäherung.

Gründung der Fatah-Bewegung

Die beiden Rivalen blicken auf eine bewegte gemeinsame Vergangenheit zurück. Ende der 50er Jahre gründeten die Politiker zusammen die Fatah-Bewegung. Abbas drang jedoch im Unterschied zu seinem Mentor schon lange auf Verhandlungen mit Israel. Schon 1974 knüpfte er erste Kontakte zu Vertretern der israelischen Linken. 1993 spielte er eine maßgebliche Rolle beim Zustandekommen der Abkommen von Oslo über die palästinensische Autonomie. Bei der internationalen Friedenskonferenz in Madrid 1991 führte Abbas die palästinensische Delegation an.

In der palästinensischen Bevölkerung stößt Abbas' versöhnliche Haltung gegenüber Israel auf Argwohn. Bei einer Umfrage im Westjordanland und im Gazastreifen bekundeten vor seiner Amtseinsetzung im April 2003 nur 1,8 Prozent der Palästinenser Vertrauen in Abbas - weit hinter Arafat, der mit 21 Prozent die Liste anführte. Nach seinem Amtsantritt änderte sich das kaum, denn Abbas konnte im Bemühen um bessere Lebensbedingungen für die Palästinenser wenig konkrete Ergebnisse vorweisen. Seine Kritiker nehmen ihm übel, dass er etwa beim Nahost-Gipfel mit US-Präsident Bush im Juni 2003 in Akaba zwar auf das "historische Leid der Juden" einging, das Schicksal palästinensischer Flüchtlinge aber nicht erwähnte.

(afp)
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