Friedrich Merz prescht vor „Ein Ministeramt würde ich mir zutrauen“

Berlin · Der im Kampf um den CDU-Vorsitz unterlegene Friedrich Merz bringt sich via Interview für ein Regierungsamt ins Spiel. In der CDU-Parteizentrale hält sich die Begeisterung offenbar in Grenzen.

Eigentlich wollte Friedrich Merz die Weihnachtsfeiertage nutzen, um in Ruhe über seine politische Zukunft nach seiner Niederlage bei der CDU-Vorsitzendenwahl nachzudenken. Jedenfalls betonte dies zu Wochenbeginn sein Umfeld noch einmal. Die neue Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte ihn vor einigen Tagen in ihrem Büro im Konrad-Adenauer-Haus zum Gespräch getroffen. Dem Vernehmen nach gab es keine konkreten Vereinbarungen über Merz weiteres Engagement in der Partei.  Merz betonte nun aber im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, er habe in dem Gespräch sein „Angebot noch einmal erneuert, wirklich mit ganzer Kraft in die Politik zu gehen und dafür auch meine bisherige berufliche Tätigkeit aufzugeben.“

Was er sich konkret vorstellen kann ließ der Mann der Wirtschaft die neue Parteispitze vorab via Interview wissen:  Bundesminister. „Ein solches Amt würde ich mir aufgrund meiner Erfahrung in Wirtschaft und Politik zutrauen“, sagte der frühere Unionsfraktionschef. In der CDU-Parteizentrale hielt sich die Begeisterung über die Offensive in der Öffentlichkeit angesichts der vereinbarten Vertraulichkeit in Grenzen. Das ist nicht der Stil, den die Politikerin des Ausgleichs schätzt.

Merz stellte aber fest, dass er nicht der Entscheider sei: „Dies liegt aber nicht in meiner Hand, sondern das ist Sache der Kanzlerin.“  Er nannte Angela Merkel wie so oft  nicht beim Namen. In deren Umfeld war vor dem jetzigen Bekenntnis von Merz nicht erwartet worden, dass er sich als Minister ins Spiel bringen würde. Merz sei nicht der Typ, der sich in die Kabinettsdisziplin einfügen wolle, hieß es. Vielleicht hat ihn gerade das gereizt, jetzt eine indirekte Bewerbung abzugeben. Zugleich ist der Druck auf Merz groß, sich weiter in der Partei zu engagieren. Seine Anhänger waren schon im parteiinternen Wettbewerb sehr offensiv und wollen nun, dass er Verantwortung übernimmt. Im Raum steht, dass er Mitglied eines Beraterkreises werden könnte - allein mit einer solchen Funktion müsste er machtpolitische Ambitionen begraben.

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Foto: AP/Michael Sohn

Merkel dürfte wenig Lust verspüren, ihren schärfsten Widersacher ins Kabinett zu holen. Sie müsste für Merz ja auch erst einmal jemand anderen rausschmeißen. Das gilt erst einmal als unwahrscheinlich. In Berlin wurde spekuliert, dass Merz der Kanzlerin neuen Druck mit seinem Vorstoß machen will – und Kramp-Karrenbauer gleich mit. Sie wurde dem Anschein nach jedenfalls von dem Interview kalt erwischt.

Während viele einfache Parteimitglieder auf eine zentrale Funktion für Merz drängen, der beim Parteitag am 7. Dezember nur äußerst knapp unterlegen war, vermeiden führende Parteimitglieder, die ihm nahe stehen, Äußerung, die als Affront gegen Kramp-Karrenbauer oder Merkel ausgelegt werden könnten. So lässt auch der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, offen, in welche Position er sich Merz eigentlich wünscht. „Ich freue mich, dass sich Friedrich Merz weiter aktiv einbringen will“, sagt Steiger unserer Redaktion.  Bundesregierung und Parteispitze sollten Merz klug einbinden, findet Steiger. „Über 48 Prozent der Delegierten und die breite Zustimmung der Parteibasis für Friedrich Merz in den vergangenen Wochen bei Regionalkonferenzen und Basisabstimmungen zu übergehen, hätte fatale Folgen. Diese engagierten Mitglieder muss die CDU dringend einbinden, wenn sie die schweren Wahlen im Frühjahr gewinnen will.“

Viele Merz-Unterstützer hielten sich mit Reaktionen auf Merz Interview gänzlich zurück. Einige erklärten auf Anfrage, sie wollten jetzt nicht „kontraproduktiv“ wirken. Die Bemühungen von Kramp-Karrenbauer, die Partei vor einer Spaltung zu bewahren, liefen gut, hieß es. Ihr Bemühen, den Merz-Flügel einzubinden, werden anerkannt. Im Umfeld von Kramp-Karrenbauer verweist man auf die steigenden Umfragewerte für die CDU, auf die kletternden Beliebtheitswerte der neuen Chefin und auf eine wachsende Zahl an Bürgern, die ihr aus das Kanzleramt zutrauen.

Merz sagte noch über das Gespräch mit Kramp-Karrenbauer, er sei mit ihr  übereingekommen, dass man sich Ende Januar oder Anfang Februar erneut sehen und dann im Lichte der Entwicklungen miteinander sprechen wolle. Er sei bereit, „an geeigneter Stelle daran mitzuwirken, dass wirtschaftsliberale und wertkonservative Inhalte stärker in die CDU eingebracht werden, damit die CDU wieder die starke Kraft der politischen Mitte wird“.  Selbstkritisch räumte Merz zu seinem Auftritt auf dem Parteitag ein: „Aus der Rückschau betrachtet, hätte ich freier sprechen sollen, es lag aber sicher auch an meiner Tagesform, dass die Inhalte nicht optimal rübergekommen sind.“

(qua)
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