Justizministerin will Steuer-CD-Ankauf bestrafen Löhrmann: FDP stellt sich auf die Seite der Betrüger

Düsseldorf · Während Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) den Kauf von CDs mit den Daten von Steuersündern unter Strafe stellen will, wirft NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) ihr vor, Steuerbetrüger schützen zu wollen. Auch NRW-Vize-Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann (Grüne) wirft der FDP vor, sich auf die Seite der Betrüger zu stellen.

 NRW-Vize-Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann attackiert die Pläne der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), zukünftige Ankäufe von CDs mit Steuersündern unter Strafe zu stellen.

NRW-Vize-Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann attackiert die Pläne der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), zukünftige Ankäufe von CDs mit Steuersündern unter Strafe zu stellen.

Foto: Evers, Gottfried

Der Streit zwischen dem Land NRW und der Bundesregierung über den Ankauf von Steuer-CDs hat sich am Wochenende weiter zugespitzt. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte in einem Interview mit unserer Redaktion angekündigt, ein Gesetz gegen Datenhehlerei auf den Weg bringen zu wollen. Der Ankauf bewegt sich bislang in einem "hochproblematischen Graubereich", so die Ministerin, "nicht nur ethisch-moralisch, sondern auch juristisch".

Diese Position weist NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans mit Nachdruck zurück. Der SPD-Politiker hatte in der Vergangenheit wiederholt Daten-CDs gekauft und das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz als unzureichend kritisiert. Leutheusser-Schnarrenberger gehe es "offenbar nicht um den Schutz der Interessen der Steuerzahler, sondern darum, vermögenden Steuerbetrügern weiterhin Schutz vor der Strafverfolgung zu gewähren", so der NRW-Finanzminister. Nach der Hotelsteuer werde hier ein weiteres Mal eine Klientel der Partei bedient.

Walter-Borjans hält der FDP-Politikerin vor, mit ihrer Position auch innerhalb der Bundesregierung isoliert zu stehen. In einer rechtlichen Bewertung kam das Bundesfinanzministerium unter Führung von Wolfgang Schäuble (CDU) im Juni 2010 zu der Einschätzung, der Ankauf der CDs sei rechtmäßig. Das Bundesverfassungsgericht war in seiner Entscheidung vom 9. November 2011 zu dem Ergebnis gekommen, dass eine strafrechtliche Verwertung der Daten zulässig sei. Dies sei auch dann der Fall, wenn die Daten rechtswidrig erworben würden.

Löhrmann: FDP steht auf der Seite der Betrüger

Auch Sylvia Löhrmann, Vize-Ministerpräsidentin des Landes NRW (Grüne), kritisierte den Vorstoß von Leutheusser-Schnarrenberger. "Es ist eine falsche Idee der Freiheit, der die FDP wieder einmal anhängt", erklärte Löhrmann. "Wenn es um die Freiheit von Steuerhinterziehern geht zulasten des Sozialstaates und des Gemeinwohls, dann steht die FDP immer wieder auf der falschen Seite, der Seite der Betrüger", fügte die Spitzenpolitikerin der Grünen hinzu. Norbert Römer, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag, betonte, die Pläne der Liberalen seien "ein Schlag ins Gesicht der vielen Millionen ehrlichen Steuerzahler in Deutschland". Zu einem gesunden Staat gehöre auch, dass kriminelle Betrüger wissen müssten, dass es keine Chance gegen staatliche Ermittlung, Verfolgung und Verurteilung gebe.

Nach dem Ankauf der Steuer-CDs war die Zahl der Selbstanzeigen in NRW sprunghaft angestiegen. Wie jetzt bekanntwurde, fanden die Ermittler hochwertiges Datenmaterial über die Zürcher Großbank UBS. "Spiegel-Online" zufolge sollen fortlaufende Kontoauszüge bis ins Jahr 2010 zurückreichen. Auch die Tricks der Schweizer Coutts-Bank sollen bei der Auswertung ans Licht gekommen sein. Beim "Modell Zebra" hatten die Kunden schwarze und weiße Konten angelegt. Auf den weißen Konten lagen offenbar nur kleinere Geldbeträge, die ordnungsgemäß versteuert wurden. Die großen Vermögen sollen auf den schwarzen Konten versteckt gewesen sein.

Volker Wissing, Vize-Fraktionschef der Liberalen im Bundestag, forderte Bundesfinanzminister Schäuble auf, das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz nachzuverhandeln. "Wir brauchen einen parteiübergreifenden Konsens", sagte der Liberale. SPD und Grüne wollen, dass Schwarzvermögen statt mit einem Mindestsatz von 21 mit 25 Prozent nachversteuert werden müssen. Zudem soll die Schweiz die Namen der Steuersünder nennen, die ihr Geld in andere Länder transferiert hätten. Mit beiden Forderungen habe die FDP kein Problem, sagte Wissing, der auch Landeschef der Liberalen in Rheinland-Pfalz ist. Den Bundesländern entgehen bei einem Scheitern des Steuerabkommens mit der Schweiz nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums Einnahmen in Milliardenhöhe.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht keine Priorität für Leutheusser-Schnarrenbergers Pläne, den Ankauf von Steuer-CDs unter Strafe zu stellen. "Das ist ein Nebenkriegsschauplatz", sagte Schäuble am Montag im Deutschlandfunk. Zentral sei, im geplanten Abkommen mit der Schweiz Regelungen zu treffen, "dass der Staat nicht darauf angewiesen ist, mit Kriminellen zusammenzuarbeiten, um die Gerechtigkeit des Steuervollzugs sicherzustellen".

Schäuble fügte hinzu, es sei bisher "unstreitig", dass der Ankauf von CDs mit Daten von Steuerhinterziehern in der Schweiz "rechtlich gerechtfertigt" sei. Nordrhein-Westfalen hat deutlich gemacht, weiterhin gestohlene Steuerdaten aufkaufen zu wollen.

(RP/felt/csi)
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