SPD stellt sich geschlossen gegen früheren Vorsitzenden Linker Flügel sägt Lafontaine als "Galionsfigur" ab

Berlin (rpo). Geschlossen stellen sich die Sozialdemokraten gegen ihren früheren Vorsitzenden Oskar Lafontaine. Mit seiner Drohung, in einer neuen Linksgruppierung gegen die Sozialpolitik der SPD zu kämpfen, hat er sich offenbar wenig Freunde und viele Feinde gemacht.

Partei- und Fraktionschef Franz Müntefering erteilte ihm am Wochenende eine scharfe Rüge und nannte sein Verhalten "eitel und unsolidarisch". Der linke Flügel warnte vor einer Zersplitterung und sprach Lafontaine die Fähigkeit ab, "Galionsfigur" der Linken sein zu können. Der Verein "Wahlalternative" dagegen begrüßte seine Überlegungen.

Im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" sagte Lafontaine, falls die SPD ihren Kurs nicht ändere, werde er vor der Bundestagswahl 2006 in einem neuen Linksbündnis mitwirken. Der Politiker, der 1999 überraschend seine Ämter als Bundesfinanzminister und SPD-Vorsitzender niedergelegt hatte, forderte erneut den Rücktritt von Bundeskanzler Gerhard Schröder.

"Wenn er Anstand im Leibe hätte, würde er angesichts seiner Zahlen zurücktreten", sagte er mit Blick auf das Umfragetief der SPD. Wenn Schröder aber "seine gescheiterte Politik bis zur nächsten Bundestagswahl fortsetzt, wird es eine neue linke Gruppierung geben mit dem Ziel, den Sozialabbau rückgängig zu machen. Diese Gruppierung wird dann von mir unterstützt werden." Potenzial für eine neue Sammlung der Linken sei vorhanden.

Müntefering warf dem ehemaligen Parteichef vor, er versuche den Bundeskanzler und die Politik der SPD zu diffamieren, ohne Rücksicht auf die mitten in Landtagswahlkämpfen stehenden Landesverbände zu nehmen. Der stellvertretende Vorsitzende des SPD-Bundestagsfraktion und Sprecher der Parlamentarischen Linken, Michael Müller, beschuldigte Lafontaine, er sei weggelaufen, als es wirklich darauf ankam.

Gemeinsam mit dem Juso-Vorsitzenden Björn Böhning und Andrea Nahles als Sprecherin des Forums DL21 kritisierte Müller, der ehemalige Parteivorsitzende drehe an der Schraube der Konfrontation und nehme damit eine "verhängnisvolle Zersplitterung der politischen Linken" in Kauf. Sie forderten ihn auf öffentlich klarzustellen, wie er seine Zusage einhalten wolle, dass er Sozialdemokrat bleibe, wenn er öffentliche Ultimaten an die SPD adressiere.

Fraktionsvorstandsmitglied Jörg Tauss meinte, Lafontaine würde der Partei einen "großen Dienst" erweisen, wenn er wirklich ginge. "Reisende soll man nicht aufhalten." Sein früherer Weggefährte Gernot Erler nannte Lafontaines Äußerungen "vom Stil her geradezu abstoßend" und warf ihm vor, das Linksbündnis für seinen persönlichen Rachefeldzug gegen Schröder zu instrumentalisieren. Er bewege sich und die "Wahlalternative" ins Abseits, sagte Erler der "Financial Times Deutschland" (Montagausgabe). Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nannte Lafontaines Verhalten "hoch unsolidarisch" und forderte ihn im "Tagesspiegel" (Montagausgabe) auf, die Konsequenzen zu ziehen und aus der SPD auszutreten.

Der Sprecher der von IG-Metall-Funktionären gegründeten "Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit", Klaus Ernst begrüßte dagegen Lafontaines Äußerung. Wenn er sich zur Mitarbeit entschlösse, "heißen wir ihn besonders herzlich willkommen", sagte Ernst der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Inhaltlich sehe er große Gemeinsamkeiten.

(ap)
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