FDP grenzt sich ab Lindner schießt gegen die Union

Berlin (RPO). Die im Umfragetief steckende FDP läutet eine härtere Gangart gegenüber dem Koalitionspartner ein. In zahlreichen Politikfeldern gingen die Liberalen am Montag auf Distanz und beklagten den Kurs führender Minister von CDU und CSU. Generalsekretär Christian Lindner warf Finanzminister Schäuble beim Thema Steuervereinfachung Wortbruch vor.

FDP-Chef Porträt: Das ist Christian Lindner
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Christian Lindner – der Überflieger

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Foto: dpa/Focke Strangmann

Zugleich bemühte sich die Parteispitze, die neuerlich heftige Kritik von Bundesvorstandsmitglied Wolfgang Kubicki einzufangen. Er könne in dessen Manifest nichts Richtungsweisendes erkennen, sagte Generalsekretär Christian Lindner in Berlin.

Lindner warf Finanzminister Wolfgang Schäuble beim Thema Steuervereinfachung Wortbruch vor und forderte ihn auf, zu den Verabredungen in der Koalition zu stehen. Die Liberalen hätten die Erhöhung der Tabaksteuer nur akzeptiert, um die Steuervereinfachungen zu finanzieren. "Wenn man sich auf Zusagen nicht verlassen kann, könnte eine Koalition nicht arbeiten", sagte Lindner. Die FDP lasse sich nicht vorführen. Die SPD wertete dies gar als Drohung mit dem Bruch der Koalition.

Steuervereinfachungen sollen rückwirkend wirksam werden

Lindner forderte, soweit technisch umsetzbar müssten die Vereinfachungen rückwirkend für dieses Jahr wirksam werden. Beim Thema Euro warf er Schäuble vor, mit Äußerungen zu einer Erhöhung es Schutzschirms eine Transferunion anzustreben.

Im Streit um die Speicherung von Handy- und Internetdaten zur Verbrechensbekämpfung bekräftigte die FDP ihre Haltung und forderte die Union auf, das Konzept von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger für eine anlassbezogene Speicherung "als das in der Koalition Erreichbare" zu akzeptieren.

Auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nahm die FDP ins Visier. Der CSU-Politiker müsse das beschlossene Sparziel in seinem Etat erfüllen, sagte Lindner. Die Staatsausgaben dürften nicht erhöht werden. Weiter forderte er den Minister auf, den angestrebten Abzug der ersten deutschen Soldaten zu Jahresende nicht immer wieder neu infrage zu stellen. Diese "Verunklarung der Koalition" helfe nicht dabei, eine breite Mehrheit für das Afghanistan-Mandat zu erreichen.

Kritik an Mainzer Erklärung

Auch die Mainzer Erklärung der CDU nahm die FDP zum Anlass für die eigene Profilierung. Wesentliche Fragen zur Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft, zur Wettbewerbspolitik oder der Erneuerung der sozialen Sicherungssysteme seien darin ausgeklammert. Das Konzept lasse damit viel Raum für die FDP, um als Motor und Kompass Akzente in der Koalition zu setzen.

Die Kritik Kubickis wies Lindner zurück. Diese seien vom Präsidium wie auch von ostdeutschen und westdeutschen Landesverbänden als nicht hilfreich eingestuft worden und bei der Präsidiumssitzung geprüft und zur Seite gelegt worden. Im Gegensatz zum Interview vor Weihnachten habe Kubicki verbal abgerüstet, jedenfalls gebe es keine DDR-Vergleiche mehr. Eine Diskussion der FDP, die um sich selber kreise, sei mit dem Dreikönigstreffen Anfang Januar abgeschlossen worden.

Bei der traditionellen Kundgebung hatte Parteichef Guido Westerwelle die FDP vor den anstehenden Landtagswahlen zur Geschlossenheit aufgerufen und seine eigene Kampfbereitschaft unterstrichen. Bislang konnte sich die Partei aber nicht aus dem Umfragetief befreien und dümpelt weiter bei fünf Prozent.

Kubicki legt nach

Kubicki und der schleswig-holsteinische Vize-Ministerpräsident Heiner Garg kritisieren in einem gemeinsamen Papier, Westerwelle habe sich zuletzt als Außenminister zelebriert, "als ginge ihn der zunehmende Ansehensverlust der FDP nichts an". Auch habe er nichts dazu beigetragen, den Koalitionspartner in die Schranken zu weisen. Die FDP stehe vor einem "Scherbenhaufen" ihrer Politikvermittlung und ihrer Politik schlechthin. Kubicki forderte, wie vor der Wahl versprochen, das Entwicklungshilfeministerium mit dem Auswärtigen Amt zusammenzuführen. Lindner sagte, Entwicklungsminister Dirk Niebel habe deutlich gemacht, er werde sein Ressort schneller in das Auswärtige Amt integriert haben "als Herr Kubicki sich in die FDP integriert". In einem Interview mit der "Welt" forderte Kubicki: "Man muss wissen, wofür man kämpfen soll und in welche Richtung man marschiert." Es gehe ihm nicht um einen Putsch gegen Westerwelle, sondern darum, Probleme offen anzusprechen.

(RTR/awei)
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