Grundschulen Lehrerverband fordert Verbot von „Lesen durch Schreiben“
Frankfurt · Die Methode „Lesen durch Schreiben“ gehört zum Lehrkonzept in deutschen Grundschulen. Der Lehrerverband sieht jedoch deutlich Mängel und fordert nun ein Verbot. Neue Studien stützen die Forderungen.
„Es geht jetzt darum, möglichst schnell weiteren Schaden von unseren Grundschulkindern abzuwenden“, sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe. Auch müsse in diesem Bereich eine umfassende Überprüfung aller Lehrpläne, Lernmittel und der darauf bezogenen Lehrerfortbildung stattfinden. Baden-Württemberg und Hamburg hätten mit einem Verbot der Methode bereits ein wichtiges Zeichen gesetzt, sagte Meidinger.
Die Länder müssten jetzt ernsthafte und tiefgreifende Konsequenzen aus den Ergebnissen der Studie der Universität Bonn ziehen, wonach die an zahlreichen Grundschulen praktizierte reformpädagogische Schreiblernmethode „Lesen durch Schreiben“ zu eklatant schlechteren Rechtschreibleistungen als der traditionelle Fibel-Unterricht führt. Meidinger erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die aktuellen Grundschulstudien des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) und auch die internationale Grundschul-Lese-Untersuchung Iglu ein teilweise dramatisches Absinken der Rechtschreibleistungen deutscher Grundschüler festgestellt hätten.
Die Universität Bonn hatte bereits in der vergangenen Woche erste Ergebnisse einer großangelegten Studie veröffentlicht und von deutlich besseren Rechtschreibleistungen durch den herkömmlichen Fibel-Unterricht im Vergleich zu „Lesen durch Schreiben“ oder zur „Rechtschreibwerkstatt“ berichtet. Unter der Leitung von Una Röhr-Sendlmeier von der Abteilung Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie waren die Rechtschreibleistungen von mehr als 3000 Grundschulkindern aus Nordrhein-Westfalen untersucht worden. Am Montag sollten die Ergebnisse in Frankfurt vorgestellt werden.
Verbandspräsident Meidinger nannte es erschreckend, dass sich in Deutschland an vielen Grundschulen in den vergangenen Jahrzehnten eine Rechtschreibmethode etablieren konnte, ohne dass dazu jemals eine seriöse Überprüfung stattgefunden habe. „Kinder wurden damit zu Versuchskaninchen einer übereifrigen Reformpolitik gemacht“, kritisierte er.
Bei der Methode „Lesen durch Schreiben“ nach Jürgen Reichen lernen die Kinder individuell beim Schreiben mittels einer sogenannten Buchstaben-Anlauttabelle das Lesen. Die Kinder üben nicht wie beim herkömmlichen Fibelunterricht zunächst gemeinsam Buchstaben, leichte Wörter und später kurze Texte, sondern sie sollen per Anfangsbuchstabentabelle nach und nach eigenständig Wörter schreiben und mit der Zeit auch lesen können. Kritiker werfen der Methode unter anderem vor, dass sich bei Kindern fehlerhafte Schreibweisen verfestigen und Jungen und Mädchen mit mangelnder Sprachpraxis benachteiligt sind.