Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit Vier Milliarden Euro für die schwierigen Fälle in den Jobcentern

Berlin · Die Wirtschaft in Deutschland läuft gut, die Erwerbslosenquote liegt bei unter fünf Prozent. Dennoch gibt es hunderttausende Menschen, die nach Jahren der Arbeitslosigkeit weiter keinen Job finden.

 Ein Gebäude der Agentur für Arbeit (Archiv).

Ein Gebäude der Agentur für Arbeit (Archiv).

Foto: dpa/Jens Kalaene

Ihnen will die Koalition mit dem sozialen Arbeitsmarkt den Wiedereinsteig erleichtern. Dafür stellt sie vier Milliarden Euro bereit. Am Donnerstag stimmt der Bundestag über das Vorhaben ab.

Was ist das Ziel der Bundesregierung?

Im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD darauf verständigt, 150.000 Langzeitarbeitslose wieder in Beschäftigung zu bringen. Als langzeitarbeitslos gilt, wer länger als ein Jahr ohne Job ist.

Für wen ist der soziale Arbeitsmarkt gedacht?

Der Gesetzentwurf richtet sich vor allem an Menschen, die schon seit Jahren keine Arbeit haben. Wer mindestens 25 Jahre alt ist und in den vorangegangenen sieben Jahren mindestens sechs Jahre lang Hartz IV bezogen hat, soll mit dem Vorhaben in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt werden können. Zuletzt erfüllten rund 800.000 bis 850.000 Arbeitslose diese Kriterien.

Wie soll gefördert werden?

Den Betroffenen sollen Jobs in der Privatwirtschaft, in sozialen Einrichtungen oder Kommunen vermittelt werden. Dabei bekommen die Arbeitgeber fünf Jahre lang hohe Lohnkostenzuschüsse. Handelt es sich um eine Stelle mit Tarifbindung, zahlt der Staat in den ersten beiden Jahren 100 Prozent des Tariflohns, im dritten Jahr 90, im vierten Jahr 80 und im fünften Jahr 70 Prozent. Bei anderen Arbeitsplätzen orientiert sich der Zuschuss am Mindestlohn. Eine Ausnahmeregelung ist für Schwerbehinderte und Arbeitslose mit minderjährigen Kindern im Haushalt vorgesehen: Sie können bereits nach fünf Jahren Hartz-IV-Bezug gefördert werden.

Damit es mit der Anstellung auch langfristig klappt, werden Teilnehmer und Arbeitgeber mit einem Coaching unterstützt. Dieses kann schon vor der Jobaufnahme beginnen und nach den fünf Jahren weitergehen. Die Jobcenter können dies selbst übernehmen oder externe Anbieter beauftragen.

Was ist für weniger lang arbeitslose Menschen geplant?

Für Menschen, die seit zwei Jahren Hartz IV beziehen, sieht der Entwurf im Falle einer Anstellung ebenfalls die Möglichkeit eines Lohnzuschusses vor. Dieser soll im ersten Jahr bei 75 Prozent und im zweiten Jahr bei 50 Prozent des regelmäßigen Arbeitsentgelts liegen. Im Frühjahr waren bundesweit 450.000 Menschen mit einer Dauer der Arbeitslosigkeit von mindestens zwei Jahren registriert.

Was kosten die Maßnahmen?

Die Bundesregierung erhöht ihre Ausgaben zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit um vier Milliarden Euro.

Wann soll das Programm starten?

Das neue Gesetz soll am 1. Januar 2019 in Kraft treten. Dann kann auch die Förderung beginnen. Die Laufzeit des Gesetzes ist befristet bis zum 31. Dezember 2024. Auch Ende 2024 können aber noch Lohnzuschüsse für die folgenden fünf Jahre genehmigt werden. Ende 2020 und Ende 2023 soll die Wirkung der Neuregelungen jeweils überprüft werden.

Welche Kritik gibt es?

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) zweifelt an der erwünschten Wirkung des Gesetzes. Die Zielgruppen seien zu weit gefasst und die Lohnkostenzuschüsse zu hoch und zu langfristig angelegt - dies schaffe "keine Brücke" in den regulären Arbeitsmarkt. "Hauptintention des Gesetzentwurfs scheint zu sein, Langzeitarbeitslose möglichst lange in öffentlich geförderter Beschäftigung zu 'parken'", kritisieren die Arbeitgeber.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund fürchtet ebenfalls, dass das Gesetz "das unterstützenswerte Ziel der sozialen Teilhabe von Langzeitarbeitslosen" nicht in ausreichendem Maße einlösen kann. Außerdem fehlten "Vorkehrungen, die bestehende Arbeitsverhältnisse vor Verdrängung, Unterbietungskonkurrenz und Lohndruck schützen".

(özi/AFP)
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