Internationale Pressestimmen So berichtet das Ausland über die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen
Internationale Pressestimmen zum Ausgang der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen am 1. September 2024.
Nach dem Erfolg der AfD bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen schreibt das Nachrichtenportal „Politico“ in seinem „Brussels Playbook“-Newsletter:
Das Stigma ist verschwunden. Deutschlands AfD erreicht Siege trotz Verurteilung, Warnungen des Verfassungsschutzes bezüglich Extremismus in ihren Reihen und großer Demonstrationen gegen die Ultrarechten auf der Straße. Die Thüringer waren von alldem unbeeindruckt; vielleicht hat es manche sogar ermutigt. (...)
Das Ergebnis ist ein weiterer Nagel im politischen Sarg von Kanzler Olaf Scholz.
Zum Ausgang der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen schreibt die spanische Zeitung „EL Mundo“ am Montag:
Die Wahlergebnisse in den Bundesländern Thüringen und Sachsen - mit der rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) auf dem ersten bzw. zweiten Platz - offenbaren ein Szenario des realen politischen Zusammenbruchs in dem Land, das traditionell an der Spitze der europäischen Wirtschaft steht. Die Zunahme extremistischer und einwanderungsfeindlicher Diskurse, die bereits bei den Europawahlen zu beobachten war, stellt eine ernsthafte Bedrohung für das europäische Projekt dar und macht es notwendig, die Debatte vernünftig und intelligent zu führen.
In der Londoner „Financial Times“ heißt es am Montag zu den Wahlergebnissen in Thüringen und Sachsen:
Die Ergebnisse spiegeln die wachsende Frustration in Ostdeutschland über eine Regierung wider, die viele mit hoher Inflation, wirtschaftlicher Stagnation, steigenden Energiekosten und ständigen internen Streitigkeiten assoziieren. Sie zeigen aber auch, dass die Wähler zunehmend die Mitte zugunsten populistischer Parteien an den politischen Rändern verlassen.
Zu den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen heißt es am Montag in der britischen Zeitung „The Guardian“:
Nach dem Fall der Berliner Mauer im November 1989 prophezeite der ehemalige westdeutsche Bundeskanzler Willy Brandt, mit der Wiedervereinigung werde endlich „zusammenwachsen, was zusammengehört“. 35 Jahre danach wirkt diese Vorstellung von einer natürlichen Heilung allzu optimistisch. Die historischen Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen vermitteln viel mehr das Bild eines Deutschlands, dessen östliche und westliche Regionen immer weiter auseinanderdriften.
Zur Wahlniederlage der Ampel-Parteien in Thüringen meint die „Neue Zürcher Zeitung“ am Montag:
Das Debakel zeigt, wie sehr sich das Ansehen des Kabinetts von Kanzler Olaf Scholz im freien Fall befindet. Der Triumph der AfD belegt, dass viele Wähler sich weder von den Berichten des Inlandsgeheimdienstes noch von den Warnungen der politischen Konkurrenz oder von besorgten Leitartiklern beeindrucken lassen. Die AfD ist – trotz oder wegen ihres ressentimentgeladenen Landeschefs Höcke – die bestimmende Kraft im Osten. Eine Politik, die die Mitte der Bevölkerung aus den Augen verliert, darf sich nicht wundern, wenn die Ränder erstarken. Und von einer „Brandmauer“ kann jene Partei am stärksten profitieren, deretwegen diese errichtet wurde.
Die italienische Tageszeitung „La Stampa“ beschäftigt sich mit dem Ausgang der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen:
Wenn zu Thüringen und Sachsen am 22. September auch noch Brandenburg hinzukommt, ein traditionell sozialdemokratisches Bundesland, wird es für Olaf Scholz schwierig, die therapeutische Verbissenheit fortzusetzen, um im Kanzleramt zu überleben. Betroffen ist das Herz der europäischen Integration: Wie sollen angesichts eines Frankreichs, das noch immer nach einer Regierung sucht, und eines Deutschlands mit zerrütteten Mehrheitsverhältnissen die Vereinbarungen gestaltet werden, die in der Vergangenheit die größten Fortschritte in der europäischen Politik gebracht haben?
Die italienische Tageszeitung „La Repubblica“ beschäftigt sich mit dem Ausgang der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen:
Während sich der alte Kontinent auf dem schmalen Grat eines möglichen Kriegs und eines Infarkts der Demokratie bewegt, muss er sich zugleich mit einem inneren Feind auseinandersetzen. Die europäischen institutionellen Systeme sind infiltriert. In Italien, in Frankreich und nun immer unverhohlener in Deutschland. Der Keim des Putinismus wächst sogar in strukturierten Ländern mit einer soliden demokratischen Tradition. Was in den beiden deutschen Regionen geschehen ist, ist der jüngste Beweis.
Nach dem Erfolg der AfD bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen am Sonntag schreibt das „Wall Street Journal“:
(...) Die Ergebnisse der Parlamentswahlen in Sachsen und Thüringen am Sonntag (...) sorgen für weitere Bestürzung auf einem Kontinent, der bereits durch den Niedergang der traditionellen Parteien und den Aufstieg der Aufständischen verunsichert ist. (...) Das größere Problem ist, was der gemeinsame Aufstieg der AfD und der BSW über den Kollaps der Regierungsparteien in Deutschland aussagt. (...)
Zu den Landtagswahlen in Ostdeutschland meint die britische Zeitung „The Guardian“ am Samstag:
Nach der Wiedervereinigung war die politische Dynamik im ärmeren Osten Deutschlands aus kulturellen, historischen und wirtschaftlichen Gründen immer eine besondere. In den dortigen fünf Bundesländern haben es Sozialdemokraten, Grüne und Liberale selten leicht gehabt - die drei Parteien, aus denen sich die schwächelnde Ampel-Koalition von Olaf Scholz zusammensetzt. Aber die Entwicklung des Ostens zum politischen Schmelztiegel für engstirnigen Nationalismus und Rechtsextremismus muss in Berlin Alarmglocken läuten lassen. (...)
Die „New York Times“ berichtete am Tag nach der Wahl:
Mit fast 33 Prozent der Stimmen in Thüringen und 31 Prozent in Sachsen erzielte die AfD ihr bestes landesweites Ergebnis, seit sie vor 11 Jahren als euroskeptische Partei gegründet wurde.
(...) Björn Höcke, der Landesvorsitzende der AfD, kündigte am Sonntag an, dass die AfD als stärkste Partei nach Koalitionspartnern suchen werde - was wahrscheinlich ein vergebliches, wenn auch zeitaufwendiges Unterfangen sein wird.
Wichtiger ist jedoch, dass die AfD wahrscheinlich genug Sitze im Thüringer Landtag gewonnen hat, um bestimmte kritische Abstimmungen zu blockieren, die die Zustimmung von zwei Dritteln der Abgeordneten erfordern, darunter auch die Änderung der Landesverfassung.