Landtagswahl in Thüringen Triumph für Linke und AfD

Erfurt · Die Thüringer bestätigen Bodo Ramelow im Amt, entziehen seiner Koalition aber die Mehrheit. Stattdessen wird die AfD zweitstärkste Partei. Eine Regierung ohne sie oder die Linke ist unmöglich.

 Bodo Ramelow (Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen und Spitzenkandidat der Linken, und seine Ehefrau Germana Alberti vom Hofe kommen zur Wahlparty der Linken.

Bodo Ramelow (Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen und Spitzenkandidat der Linken, und seine Ehefrau Germana Alberti vom Hofe kommen zur Wahlparty der Linken.

Foto: dpa/Martin Schutt

Das Ergebnis der Landtagswahl in Thüringen macht die Regierungsbildung schwierig. Zwar wurde die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow erstmals stärkste Partei in Thüringen und erreichte mit rund 30 Prozent ihr bestes Ergebnis bei Landtagswahlen überhaupt. Für eine Fortsetzung der bisherigen rot-rot-grünen Koalition reicht es aber wegen der Schwäche der Koalitionspartner nicht. Die Grünen konnten ihren Höhenflug der jüngsten Zeit nicht fortsetzen und zogen nur knapp in den Landtag ein, die SPD sackte erneut bei einer Landtagswahl auf ein einstelliges Ergebnis ab. Die FDP übersprang nach dem Stand der Hochrechnungen vom Abend die Fünf-Prozent-Hürde nur mit Mühe.

Die CDU, die in Thüringen von 1990 bis 2014 stets den Ministerpräsidenten gestellt und vor fünf Jahren noch deutlich vor der Linken gelegen hatte, verlor massiv, rund elf Prozentpunkte. Am meisten gewann die AfD hinzu, die ihr Ergebnis mehr als verdoppelte und die CDU überholte. 

Klare Mehrheiten hätten im neuen Landtag Bündnisse der CDU mit der Linken oder (dies nur theoretisch) der Linken mit der AfD. Eine Koalition mit der Linken hatte die CDU vor der Wahl ausgeschlossen; Generalsekretär Paul Ziemiak wiederholte das am Abend. Landeschef Mike Mohring positionierte sich weniger eindeutig. Er sprach von „besonderen Denksportaufgaben“, die das Ergebnis mit sich bringe. Dass es keine Mehrheiten in der Mitte gebe, verlange nach neuen Antworten. Es gelte die Fragen zu beantworten: „Was ist für unser Land wichtig, und wie können wir unsere Demokratie stabilisieren?“

Vor der Wahl hatte Mohring ein Viererbündnis mit SPD, Grünen und FDP ins Spiel gebracht; selbst alle vier Parteien gemeinsam haben aber keine Mehrheit. Auf die nötige Zahl der Sitze käme nach den Hochrechnungen ein Bündnis aus Linken, SPD, Grünen und FDP. Deren Chef Christian Lindner schloss allerdings ebenfalls Koalitionen mit Linken oder AfD aus.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki ermunterte die CDU, ein Bündnis mit der Linken zu prüfen. „Vielleicht erinnert sich die CDU in Thüringen an die Empfehlung des CDU-Ministerpräsidenten Daniel Günther, eine Koalition aus Linkspartei und CDU in Betracht zu ziehen“, sagte Kubicki. Die Liberalen hätten lange vor der Wahl ausgeschlossen, Ramelows Politik fortzusetzen.

Wie bei den meisten Wahlen der vergangenen Jahre stieg in Thüringen die Wahlbeteiligung deutlich. Hatte 2014 nur gut die Hälfte der Bürger ihre Stimme abgegeben, waren es jetzt fast zwei Drittel – der höchste Wert seit 1994.

Nach der Landesverfassung bleibt Ramelow nun so lange Ministerpräsident, bis ein Nachfolger gewählt ist. Eine Frist nennt die Verfassung dafür nicht. Eine ähnliche Rechtslage gibt es in Hessen. Dort blieb Ministerpräsident Roland Koch (CDU) nach der Landtagswahl 2008 fast ein Jahr lang geschäftsführend im Amt, weil es im Parlament keine Mehrheit für einen Nachfolger gab. Erst eine Neuwahl 2009 löste das Patt auf.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort