Die Ära des Ministerpräsidenten geht zu Ende Kurt Beck — "Buddha mit Zündschnur"

Mainz · Er ist Deutschlands dienstältester Ministerpräsident: Kurt Beck. An diesem Dienstag leitete er seine letzte Kabinettssitzung, bevor Malu Dreyer seinen Job übernimmt. Mit Beck geht ein Politiker ganz eigenen Typs, der mit seiner Meinung selten hinter dem Berg hielt – und hin und wieder auch einen Wutanfall bekam.

Aufstieg und Fall des Kurt Beck
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Er ist Deutschlands dienstältester Ministerpräsident: Kurt Beck. An diesem Dienstag leitete er seine letzte Kabinettssitzung, bevor Malu Dreyer seinen Job übernimmt. Mit Beck geht ein Politiker ganz eigenen Typs, der mit seiner Meinung selten hinter dem Berg hielt — und hin und wieder auch einen Wutanfall bekam.

"Die Zukunft des Landes ist bei ihr in guten Händen", sagt Kurt Beck über Malu Dreyer kurz vor Beginn der letzten Kabinettssitzung, die er in Rheinland-Pfalz leitet. Es ist eine neue Ära, die am Mittwoch mit der SPD-Politikerin in Mainz beginnen wird. Doch an diesem Dienstag gehört noch einmal Kurt Beck die volle Aufmerksamkeit.

Beck, der 19 Jahre Vorsitzender der SPD in Rheinland-Pfalz war und 18 Jahre Ministerpräsident. Beck, der nach eigenen Angaben rund 900 Sitzungen mit seinen Ministern abgehalten hat und an die 15.000 Vorlagen für diese Termine gelesen hat. Ein "bisschen Wehmut", so gibt er zu, sei an diesem Tag wohl auch bei ihm dabei. Kein Wunder, hat er in all diesen Jahren doch alle Höhen und Tiefen eines Politiker-Lebens erlebt.

"Wenn Sie sich waschen und rasieren..."

Beck kommt aus einfachen Verhältnissen, arbeitet sich von unten nach oben. Den Höhepunkt erreicht er 2006, als er im Land mit seiner SPD die absolute Mehrheit holt und schließlich sogar Vorsitzender der Bundes-SPD wird. Doch nach zwei Jahren wirft er das Handtuch, ihm fehlt der Rückhalt in Berlin. Diese Zeit zeigt, wie empfindsam der Politiker sein kann, wie sehr er sich Dinge zu Herzen nehmen kann.

Doch nicht nur das, Beck hält auch selten hinter dem Berg mit dem, was er denkt, trägt sein Herz gern auf der Zunge. "Manchmal denke ich, ich hätte auch das Maul halten können", sagte er erst vor wenigen Wochen. "Aber bei überkandidelter politischer 'Correctness' geht mir die Hutschnur hoch."

Insbesondere, wenn er angegriffen wurde, konnte der SPD-Politiker so manches Mal nicht an sich halten. Legendär etwa war sein Spruch, den er 2006 dem Arbeitslosen Henrico Frank aufdrückte. Dieser hatte nämlich die Schuld für seine Situation Politikern wie ihm in die Schuhe geschoben. Beck daraufhin: "Wenn Sie sich waschen und rasieren, haben Sie in drei Wochen einen Job."

Harsche Kritik hatte der SPD-Politiker dafür einstecken müssen, doch er ließ sich nicht beirren, blieb seinem Stil treu. So wie vor wenigen Monaten in München.

"Können Sie mal das Maul halten?"

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident gab dem SWR ein Interview, als ein Student hineinrief, dass Bayern den Nürburgring mitbezahle. Doch bei diesem Thema regiert Beck empfindlich, die Nürburgring-Insolvenz hat seiner Regierung viel Ärger und Kritik eingebracht. Entsprechend reagiert der Politiker auf den Zwischenruf.

"Können Sie mal das Maul halten, einen Moment einfach das Maul halten, wenn ich ein Interview mache?", ruft er dem Studenten entgegen und fügt noch hinzu: "Sie sind nicht ehrlich, Sie sind dumm." Später verteidigt er seinen Ausraster. "Buddha mit Zündschnur" soll ihn SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles einmal genannt haben.

Auch beim Thema Schlecker-Frauen konnte Beck nicht lachen. Nach stundenlangen Verhandlungen, an denen Beck beteiligt war und die doch mit einem Ende für die Drogerie-Kette endeten, ging der Ministerpräsident in die TV-Show "Maybrit Illner". Und wurde dort vom süffisant grinsenden Piraten-Politiker Christopher Lauer provoziert.

Irgendwann platzt Beck die Hutschnur. Er sagt zu Lauer: "Wenn das Leben so primitiv wäre wie Ihre Argumentation, dann will ich hier nicht mehr leben. Ihre Arroganz wird Ihnen auch noch vergehen." Er werde auch noch merken, wie schwer dieser Job ist. Und auch FDP-Politiker Otto Fricke bekommt den Unmut Becks zu spüren.

Es sind Momente, die in Erinnerung bleiben werden, auch wenn das Beck vielleicht nicht ganz so gefällt. Und immerhin hat Beck vieles, worauf er stolz zurückblicken kann. Eine lange Politikerkarriere, die nun wegen gesundheitlicher Probleme, wie er selbst sagt, zu Ende geht. Seine direkte Art wird sicherlich nicht jedem fehlen. Beck selbst aber sagt: "Ich hoffe, ich bin kein Auslaufmodell."

(das)
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