Atompolitik der Bundesregierung Kurswechsel als schwarz-gelber Bumerang

Berlin (RPO). Der Kampf gegen die nukleare Katastrophe in Japan hat die Bundesregierung zu einem Kurswechsel veranlasst, der noch vor Wochen unmöglich erschien. Die Laufzeitverlängerung wird ausgesetzt. Zwar streitet Schwarz-Gelb jegliche Wahlkampftaktik ab, doch der Wähler selbst glaubt das nicht, wie eine aktuelle Umfrage zeigt. Für Kanzlerin Merkel und ihre Partei sind das keine guten Vorzeichen so kurz vor drei Landtagswahlen.

Fukushima 1 - das zerstörte Atomkraftwerk
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Die Opposition hatte sich perfekt auf die Koalition eingeschossen. Alles Wahlkampftaktik, tönte es aus ihren Reihen, kaum war das dreimonatige Moratorium der Bundesregierung beschlossen. Doch Angela Merkel und ihre Parteikollegen wehrten sich entschieden. Noch in ihrer Regierungserklärung am Donnerstag betonte die Kanzlerin und CDU-Chefin, nun gebe es ja aufgrund der Ereignisse in Japan eine völlig neue Lage.

Was immer nun auch Wahlkampftaktik ist und was nicht, entscheidend ist am Ende das, was der Wähler will. Und dieser glaubt Schwarz-Gelb die Kehrtwende nicht, wie der aktuelle ARD-Deutschlandtrend zeigt. Demnach halten 68 Prozent der Befragten die Aussetzung der Laufzeitverlängerung für reines Wahlkampfmanöver.

Verlängerung ohne Bundesrat

Dass der Wähler dies so sieht, ist dabei durchaus nachzuvollziehen. Zu sehr hatte Schwarz-Gelb an der Laufzeitverlängerung festgehalten und sie sogar durchgeboxt, ohne den Bundesrat in die Entscheidung einzubeziehen - weshalb die Opposition auch dagegen klagen will. Nun bekommt die CDU und auch die FDP dafür die Quittung. Und das zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.

Denn die nächsten Landtagswahlen stehen unmittelbar vor der Tür. In Sachsen-Anhalt etwa, wo bereits am Sonntag ein neues Landesparlament gekürt wird. Bisher regierte dort eine Große Koalition unter CDU-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer. Auch in den jüngsten Umfragen lag die CDU mit ihrem neuen Kandidaten Reiner Haselhoff noch vorn mit 32 Prozent. Zudem waren die Grünen bisher nicht im Landtag vertreten, sie spielen also nicht so eine große Rolle wie etwa bei den Wahlen in Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg, die in gut einer Woche anstehen.

Dennoch könnte Sachsen-Anhalt ein kleiner Stimmungstest für die beiden darauf folgenden Wahlen sein - allerdings nur dann, wenn die CDU massiv an Boden verliert. Und das scheint angesichts der langen Regierungszeit der Partei in Sachsen-Anhalt wenig wahrscheinlich.

Grüne legen in Baden-Württemberg zu

In Baden-Württemberg aber, dem Stammland der konservativen Wähler, könnte es eng werden. Denn dort ist sowohl nach ARD- als auch nach ZDF-Umfragen eine rot-grüne Koalition wieder möglich - dank der Grünen, die in der Wählergunst deutlich zulegen konnten. Ähnliches gilt auch für Rheinland-Pfalz. Ein gutes allerdings gibt es für Baden-Württembergs CDU-Ministerpräsidenten Stefan Mappus: Zwar haben die Grünen hinzugewonnen, doch die CDU musste dafür keine Prozente abgeben.

Umso schmerzhafter könnte es aber werden, wenn Rot-Grün doch gewinnen würde. Und das nicht nur in Baden-Württemberg, sondern vor allem auch in Berlin. Denn dann wäre die Strategie der Koalition nicht aufgegangen, zumal das Moratorium nur für drei Monate gelten soll.

Die Vorboten dafür sind jedenfalls bereits da. Denn nach dem ARD-Deutschlandtrend befürworten 80 Prozent der Befragten nicht nur das Aussetzen der Laufzeitverlängerung, sondern ebenso viele sind dafür, sie ganz zurückzunehmen. 72 Prozent sagen zudem, die sieben ältesten deutschen Kraftwerke sollten sofort vom Netz genommen werden, und immerhin 53 Prozent sind sogar dafür, alle Atomkraftwerke so schnell wie möglich stillzulegen.

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