Widerstand in der CDU Kritik lässt Merkel kalt

Berlin (RP). Weg vom christlich-konservativen Milieu, hin zur sozial-ökologischen Wählerschaft. Trotz Mitgliederschwund und den größten Verlusten bei einer Bundestagswahl seit 1949 hält CDU-Chefin Merkel an ihrem Modernisierungskurs fest. Konservative organisieren den Widerstand.

Wiederwahl zur Kanzlerin - Merkels großer Tag
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Als Bundeskanzlerin kann Angela Merkel trotz des schlechten Starts ihrer Regierung auf eine solide Mehrheit an Wohlgesinnten im Volk zählen. Als Parteivorsitzende schmilzt ihr Rückhalt indes wie das berühmte Eis in der Sonne.

Konservative mahnen zu Analyse

Die Konservativen in der Partei mahnen eine kritische Analyse des Ergebnisses der Bundestagswahl an. Mit 27,7 Prozent hatte die CDU das schlechteste Ergebnis seit 1949 erzielt. Auf der am Mittwoch beginnenden Vorstandsklausur soll nun Klartext gesprochen werden. Die Kanzlerin müsse endlich "parteipolitische Identifikation" zeigen, monieren führende CDU-Politiker aus den Ländern. "Wir verlieren Wähler und Mitglieder. Irgendwas läuft also nicht", sagt Otto Wulff, Chef der mächtigen Senioren-Union.

CDU-Präsidiumsmitglied Philipp Mißfelder kündigt gar eine neue Initiative des "Einstein-Kreises" zur konservativen Ausrichtung der Partei an. Zu den Mitgliedern gehören der künftige baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus, NRW-Generalsekretär Hendrik Wüst und der CSU-Politiker Markus Söder. Ein unverhohlenes Signal an die Kanzlerin und ihren Kurs.

Merkel-CDU vernachlässigt Traditionsbataillone

Das Muster der Vorwürfe ist stets gleich: Die Merkel-CDU vernachlässige die Traditionsbataillone, die Wertkonservativen, die Vertriebenen, die Christen und den Mittelstand. Stattdessen kümmere sich die Parteichefin lieber um Öko-Projekte und Krippenplätze. Da passt es, dass Merkels erster politischer Termin nach ihrem Weihnachtsurlaub heute eine Artenschutz-Konferenz ist. Für den Artenschutz in der Partei hat sie wenig übrig. Ein Unterstützung signalisierendes Treffen mit der umstrittenen Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach oder ein Entlastungssignal im Steuerstreit wäre einigen Parteifreunden lieber gewesen.

"Wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Stammwähler wieder stärker an die Partei binden", fasst der rheinland-pfälzische CDU-Chef Christian Baldauf zusammen. Die Gründung eines katholischen Arbeitskreises in der "Christlich Demokratischen Union" gilt als Beleg für die Distanz der CDU zu den Kirchen — auch wenn der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, und die evangelische Ratspräsidentin Margot Käßmann Gastredner auf der Vorstandsklausur sein werden.

Wohltemperiertes "Über-den-Dingen-Schweben"

Merkels sanfter Führungsstil in der Regierung, dieses wohltemperierte "Über-den-Dingen-Schweben", das sie in der großen Koalition perfektioniert hat, kritisieren Christdemokraten intern. So könne sie keine Impulse für die Partei setzen. "Die CDU war immer eine Kanzlerpartei", sagt Helmut Kohls früherer Wahlkampfchef Peter Radunski: "Aber die Kanzlerin muss auch eine Christdemokratin sein." Merkels Popularität alleine könne der CDU den Status einer Volkspartei nicht garantieren,",so Radunski. Zu Kohls Zeiten seien die Beliebtheitswerte von Kanzler und Partei stets ähnlich gewesen.

Merkel setzt auf sozial-ökologische Wählerschichten

Merkel setzt ihren Modernisierungskurs indes unbeirrt fort. Sie ist überzeugt, dass die Union in den sozial-ökologischen Wählerschichten mehr hinzugewinnen kann, als sie im christlich-konservativen Milieu verliert. Wahlforscher Matthias Jung soll das auf der Klausur mit Zahlen belegen. Im Steuerstreit zeichnet sich zudem ab, dass die CDU-Chefin gegen die FDP entscheiden wird. Merkel wolle bis zur Landtagswahl lieber über "Zukunftsthemen" diskutieren, heißt es: Bildung, Familie und Umwelt. Im Kanzleramt würden einige in NRW sogar einer schwarz-grünen Koalition den Vorzug vor Schwarz-Gelb geben. Selbst, wenn dann die Mehrheit im Bundesrat fehlen würde. "Schwarz-Grün wäre es wert", sagt ein Merkel-Stratege.

(RP)
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