Debatte um Artikel "der, die, das" Kristina Schröder und "das Gott"

Düsseldorf · Kopfschütteln, Irritation, auch Verständnis – das sind die Reaktionen auf Familienministerin Schröders Idee, man könne zum lieben Gott auch "das liebe Gott" sagen. Eine CSU-Ministerin sprach von "verkopftem Quatsch".

Kristina Schröder - die frühere Familienministerin
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Kopfschütteln, Irritation, auch Verständnis — das sind die Reaktionen auf Familienministerin Schröders Idee, man könne zum lieben Gott auch "das liebe Gott" sagen. Eine CSU-Ministerin sprach von "verkopftem Quatsch".

In drei Tagen feiern wir das Hochfest der Geburt des Herrn. Des Herrn? Familienministerin Kristina Schröder plagen da Zweifel. Ist der Sohn Gottes überhaupt ein Sohn? Ist er der Herr? Und: Ist Gottvater wirklich der Vater im Himmel? Oder weder Vater noch Mutter, sondern ein Neutrum?

Kristina Schröder ist 35 Jahre jung und, wie man so sagt, sehr früh in höchste politische Verantwortung gelangt — mit 32 Lenzen. Auch aus dem Grund fällt einem sofort das Titellied der bei Groß und Klein, vor allem Klein, so beliebten wie lehrreichen Sendung "Sesamstraße" ein: "Wer, wie, was . . . Wieso, weshalb, warum . . . Wer nicht fragt, bleibt dumm . . ."

Kristina Schröder, die seit 2009 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist (Wieso, weshalb, warum eigentlich?), wurde dieser Tage von der Wochenzeitung "Die Zeit" die Frage gestellt, wie man einem kleinen Mädchen erkläre, dass alle zu dem lieben Gott beten, nicht zu der Gott. Nun gibt es Fragen, die die (Wohlstands-)Welt bewegen. Sie müssen wohl von einer (Wohlstandsland-)Ministerin, die "ein Stück weit richtig aufgestellt" sein möchte, politisch korrekt beantwortet werden; und zwar so, dass es die beiden fragenden "Zeit"-Journalistinnen ihrem jungen Gegenüber ohne emanzipatorisch hochgezogene Augenbrauen durchgehen lassen. Folglich antwortete Schröder folgsam: "Man könnte auch sagen: das liebe Gott."

Nicht nur Christdemokraten und (selbstverständlich, Frau Schröder!) Christdemokratinnen schütteln seither ihren Kopf und raunen: "Mein Gott, musste das sein?" Einige dachten wohl: Schuster beziehungsweise Schusterin, bleib' bei deinem Leisten, kümmere dich um Familien, Senioren, Frauen und Jugend und lass' den lieben Gott (das liebe Gott) einen guten Mann (?) sein.

Die brandenburgische Christdemokratin und Umwelt-Staatssekretärin Katherina Reiche befand: "Der liebe Gott bleibt der liebe Gott." Norbert Geis von der CSU erinnerte daran, dass uns Gott von Christus als Vater offenbart sei und dass es dabei bleiben sollte. Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) ärgerte sich über den "verkopften Quatsch". Regierungssprecher Steffen Seibert meinte lakonisch, wer an Gott glaube, dem seien die Artikel egal. Schröders Sprecher erinnerte daran, dass auch Papst Benedikt XVI. als Jesusbuch-Autor feststelle, Gott sei weder Mann noch Frau.

Beckstein: Gott ist über den Geschlechtern

Der Vizepräses des evangelischen Kirchenparlaments, Bayerns Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU), sprang der promovierten Soziologin Schröder wenigstens etwas bei: Theologisch habe sie recht, Gott stehe über den Geschlechtern. Ähnlich äußerte sich die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner. Aber, so Beckstein weiter: Emotional sei das, was Schröder meine, nicht seine Welt. Für ihn sei es wichtig, Gott als Vater zu haben und Jesus als seinen Sohn.

Die Frage bleibt: Wen hat Schröder? Den Gott? Die Gott? Das Gott? Erfreulich und für jemanden, der schon als Schulmädchen zur Partei mit dem "C" im Namen fand, auch eher folgerichtig erscheint es zunächst, dass Kristina Schröder davon überzeugt ist, dass es ihn/sie/es gibt. Sie redete nicht etwa verdruckst von "jenem höheren Wesen, das wir verehren". Zu ihrer Entschuldigung reagierte sie auf die Woge entrüsteter Stellungnahmen gegen ihr "Das Gott"-Plädoyer so: Sie habe bei ihrer Antwort auf die Frage der beiden "Zeit"-Journalistinnen an das kleine Mädchen gedacht und nicht an die vielen Erwachsenen, die über ihre Worte stolperten.

Ja, da möchte man verständnisbereit den Sohn (?) Gottes zitieren dürfen: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder ... Die Frau Bundesministerin, die die vieltausendjährige Beziehungsgeschichte zwischen Gott und den Menschen in Teilen neu zu formulieren trachtet, mag sich ein Vorbild genommen haben an ihrem älteren, erfahreneren Parteifreund, dem Bundestagspräsidenten Norbert Lammert. Der hatte vor geraumer Zeit versucht, das Gebet, das uns der Herr (?) gelehrt hat, das "Vaterunser", aus dem Lateinischen ins Deutsche zu übersetzen. Zeitgemäß, versteht sich. In der nicht von Jesus, sondern von Lammert überlieferten "Vaterunser"-Version (Wie wohl würde Kristina Schröder das Gebet nennen wollen: "Duunser"?) wird nicht das "tägliche Brot" erbeten, vielmehr das, "was wir brauchen". Da fiele so manchem manches ein, der Familienministerin womöglich das Betreuungsgeld.

Die CDU ist diskussionsfreudig

Man erkennt: Die CDU ist eine diskussionsfreudige, in der Sprache ihrer Vorsitzenden "zutiefst" lebendige Partei. Einzelne hochgestellte christdemokratische Persönlichkeiten wie Kristina Schröder fühlen sich zu noch Höherem berufen, zu linguistisch-theologischen Gipfeltouren dorthin, wo die Luft immer dünner wird und von wo der Absturz droht. Ein Absturz ins Lächerliche? Weiß Gott.

Schröder ist eine hellwache, bislang unerschrocken agierende junge Politikerin, Ehefrau und Mutter einer 18 Monate jungen Tochter. Nach landläufiger Redensart würde man sagen, der (die, das) liebe Gott habe es gut mit ihr gemeint. Im "Zeit"-Magazin schreibt Harald Martenstein satirisch: Wenn Frauen angeblich die besseren Menschen seien als Männer, warum sollten dann nicht auch Weiße besser sein als Schwarze?

Apropos Schwarze: Auch dazu ist Schröder politisch Korrektes in den Sinn gekommen. Sollte sie ihrer Tochter aus Pippi Langstrumpf vorlesen, werde sie das Wort "Negerkönig" für Pippis Vater vermeiden und ihn "Südseekönig" nennen. "Die Frau hat Sorgen", möchte man aufstöhnen. Verbale Kraftnaturen werden ein "Herrgottimhimmel" hervorstoßen. Was mag Schröders Chefin, die Pfarrerstochter Angela Merkel, über ihre Kabinettsjüngste denken? Vielleicht dies: "Ein Schröder war mein Vorgänger, eine Schröder wird aber nie meine Nachfolgerin. Das walte Gott."

(RP/felt/csi/sap)
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