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Neue Bundesfamilienministerin Kristina Köhlers Welt

(RP). Die neue Familienministerin Kristina Köhler (CDU) hat in ihrer Doktorarbeit 1000 CDU-Mitglieder zu ihren Wertvorstellungen befragt. Ergebnis: Gleichheit lehnt die Partei ab. Maßstab für Köhlers Politik?

Herzlicher Empfang für Kristina Köhler
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Einen Fan hat die neue Bundesfamilienministerin Kristina Köhler bereits: ihren Doktorvater. Jürgen W. Falter, renommierter Professor für Politikwissenschaften an der Universität Mainz, ist durchaus angetan von der "intelligenten und gut organisierten" CDU-Politikerin, verrät er im Gespräch mit unserer Redaktion.

Zwar will der Politikwissenschaftler sich nicht dazu äußern, wie Köhlers Dissertation, die Mitte Dezember veröffentlicht wird, benotet wurde. Doch soviel sagt er: "Es handelt sich um eine gute Arbeit."

Doktorarbeit über Bundestagsabgeordnete

Fünf Jahre hatte Köhler, die gestern im Bundestag zur jüngsten Bundesministerin, vereidigt wurde, an ihrer Dissertation geschrieben. Thema: "Gerechtigkeit als Gleichheit? Eine empirische Analyse der objektiven und subjektiven Responsivität von Bundestagsabgeordneten". Auf Deutsch: Wie passen die Wertevorstellungen von CDU-Bundestagsabgeordneten mit denen der CDU-Mitglieder am Beispiel der Gerechtigkeitsfrage zusammen. Dafür hatte die 32-Jährige selbst entworfene Fragebögen an 180 Parlamentarier und 1000 repräsentativ ausgewählte CDU-Mitglieder verschickt.

Die hohe Rücklaufquote, die für empirische Studien so wichtig ist, dürfte der Tatsache geschuldet sein, dass die CDU-Bundestagsabgeordnete Köhler die Antworten ihrer Kollegen gleich auf dem Flur nebenan einsammeln konnte. Zudem half ihr die CDU-Parteizentrale mit Auszügen aus der umfassenden Mitgliederdatenbank. Dem damaligen CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla dankt Köhler wohl auch deswegen im Vorwort der knapp 300-seitigen Arbeit besonders herzlich.

Doch abgesehen von diesen formellen Besonderheiten können auch die inhaltlichen Ergebnisse Aufschluss über Köhlers politische Ausrichtung geben, wie eine Zusammenfassung der Autorin für den Promotionsausschuss andeutet, die unserer Redaktion vorliegt.

Demnach ergebe sich aus den Antworten der befragten CDU-Mitglieder, dass "Gleichheit" in der Partei keine "intrinsische" Bedeutung, also keinen aus sich selbst heraus gültigen Wert besitze. Das gelte für die CDU-Mitglieder ebenso wie für die Abgeordneten, schreibt Köhler. Die Logik: Für die Beurteilung der Situation eines Menschen ist es unerheblich, wie es einem anderen Menschen geht. Ein zentraler Unterschied zwischen Christdemokraten und ihren früheren Koalitionspartnern, der SPD.

Klare Abgrenzung zur Familienpolitik der SPD

So erscheint es plausibel, dass Köhler auch im Streit um das Betreuungsgeld einen modernen, freiheitlichen Ansatz wählen wird. Die Hessin hat bereits erkennen lassen, dass sie Wert darauf legt, dass nur die Eltern entscheiden, ob sie ihre Kinder schon früh außer Haus betreuen lassen oder sie in den ersten Lebensjahren allein zu Hause erziehen wollen. Eine klare Abgrenzung zu den familienpolitischen Leitlinien der SPD. Die Genossen sehen zurzeit allein den Bedarf, die Ganztagsbetreuung von den Kleinsten bis zu den Schulkindern auszubauen, auch um mehr soziale Gerechtigkeit und so vermeintlich "gleiche" Startchancen für Kinder herzustellen.

Unterstützt werden die Sozialdemokraten massiv von Gewerkschaften und Familienverbänden. In einem offenen Brief an Kanzlerin Angela Merkel und Kristina Köhler haben sich 16 Organisationen, darunter Pro Familia und der DGB, gegen die Einführung des Betreuungsgeldes ausgesprochen. Köhlers Familienpolitik dürfte nun zwar auch den Ausbau der Kinderbetreuung forcieren, die Erziehungsverantwortung aber keinesfalls in die Hände des Staates legen.

Wie "Merkels Mädchen" den Konflikt um das Betreuungsgeld lösen kann, ist noch offen. Möglich, dass am Ende alle drei Komponenten — Kinderbetreuung, Familienleistungen als Gutscheine und Bargeld — irgendwie zusammengebunden werden. Wahlfreiheit eben.

Sicher ist nur, dass sich Köhler, die als Abgeordnete den Schwerpunkt eher auf Islamismus- und Extremismus-Themen setzte, die Arbeit ihrer populären Vorgängerin Ursula von der Leyen nicht aufs Spiel setzen wird. Das erzkonservative Frauen- und Familienbild der CDU hat von der Leyen erfolgreich entstaubt. Mit Elterngeld und Ausbau der Kinderbetreuung hat sie der SPD die Familienpolitik als Profilierungsthema erfolgreich abgeknöpft.

Das wird Köhler beibehalten wollen — notfalls im Konflikt mit der CSU. Sie selbst hat in einem Interview die Vereinbarkeit von Beruf und Karriere als ein wichtiges Ziel der Familienpolitik genannt. Und dass sie Widerstände als Ansporn versteht, hat die resolute 32-Jährige als "Chefaufklärerin" ihrer Partei im BND-Untersuchungsausschuss bewiesen.

In den kommenden Wochen wird die Wiesbadenerin ihre politischen Ziele konkretisieren müssen. Dass sie privat "Mini" fährt, die Band "Rosenstolz" gut findet und den Staatssekretär im Innenministerium, Ole Schröder (38), am 13. Februar in der hessischen Heimat heiraten will, weiß die Öffentlichkeit nun. Zu ihrer eigenen Familienplanung ("mindestens zwei Kinder") hat sich die Familienministerin auch schon geäußert. Jetzt wollen Familien, Frauen, Jugendliche und Senioren, für die Köhler im Kabinett zuständig ist, wissen, was die Ressortchefin vorhat.

Ihr Doktorvater Jürgen Falter traut ihr einiges zu. "Die schafft das", sagt er.

(RP)
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