Innenministerin Faeser stellt Kriminalstatistik vor „Wir sind ein sehr sicheres Land“

Berlin · Der positive Trend der vergangenen Jahre setzt sich in der neuen Polizeilichen Kriminalstatistik weiter fort: Die Straftaten in Deutschland gehen zurück. Getrübt wird die Entwicklung durch einen massiven Anstieg beim Missbrauch von Kindern, bei der Cyberkriminalität und Vergehen an den Kriegsflüchtlingen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), BKA-Präsident Holger Münch (M.) und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) stellten am Dienstag die neue Kriminalstatistik vor.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), BKA-Präsident Holger Münch (M.) und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) stellten am Dienstag die neue Kriminalstatistik vor.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Gute Nachrichten sind in diesen Tagen rar, doch die Entwicklung der Kriminalität in Deutschland stellt eine Ausnahme dar. Entsprechend gut gestimmt stellte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die neuen polizeilichen Zahlen für das vergangene Jahr vor: Die Statistik zeige in den meisten Bereichen eine „sehr positive Entwicklung“, sagte Faeser am Dienstag in Berlin, und kam zu dem Schluss: „Wir sind ein sehr sicheres Land und ein starker Rechtsstaat“. Erheblich getrübt wird die gute Bilanz allerdings durch einen massiven Anstieg beim Missbrauch von Kindern, bei der Cyberkriminalität und Vergehen an den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine.

Entwicklung der Straftaten

Seit 2016 ist die Zahl der Straftaten in Deutschland rückläufig, dieser Trend setzte sich auch im vergangenen Jahr fort. Mit knapp über fünf Millionen Taten im Jahr 2021 ist ein neuer Tiefstwert erreicht – das ist ein Rückgang von knapp fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Einen neuen Höchstwert erreichte stattdessen die Aufklärungsquote bei der Kriminalität, sie beläuft sich auf 58,7 Prozent im vergangenen Jahr. Faeser führte das auf die „exzellente Arbeit der Polizei und Sicherheitsbehörden“ zurück. „Es zahlt sich jetzt aus, dass die Polizeien in Bund und Ländern in den letzten Jahren personell verstärkt wurde“, sagte die Ministerin. Investitionen in die Polizei würden allen Bürgerinnen und Bürgern zu Gute kommen. Im Detail zeigt sich das etwa beim Rückgang der Fälle von Mord und Totschlag (minus 12 Prozent im Vergleich zu 2020), von schwerer Körperverletzung (minus 6), von Raubdelikten (minus 11), von Diebstahl (minus 12) und besonders deutlich von Wohnungseinbrüchen (minus 28). Diese Entwicklung hängt auch mit der Corona-Pandemie zusammen: Wenn der Einzelhandel geschlossen ist, kann es keinen Ladendiebstahl geben. Wenn Menschen verstärkt zu Hause und im Homeoffice sind, gehen die Hauseinbrüche zurück. Das alles habe das Leben von Kriminellen schwer gemacht, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz und bayerische Innenminister, Joachim Herrmann (CSU).

Missbrauch von Kinder

Über diese positive Entwicklung legt sich ein Schatten – „und zwar ein sehr dunkler Schatten“, sagte Ministerin Faeser. So nahm der sexuelle Missbrauch von Kindern deutlich zu, um mehr als 6 Prozent auf insgesamt mehr als 15.500 Fälle im vergangenen Jahr. Die Delikte im Zusammenhang mit der Kinder- und Jugendpornografie haben sich teilweise sogar mehr als verdoppelt, insgesamt zählt die Statistik hier 44.276 Fälle. Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, führt diesen massiven Anstieg vor allem auf eine bessere Aufhellung des Dunkelfeldes zurück. Entscheidend für die Ermittlungen des BKA sind dabei Hinweise aus den USA, namentlich vom Nationalen Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder (NCMAC), zurück. Die halbstaatliche US-Institution weist das BKA auf mögliche strafbare Inhalte hin, die dann geprüft und nachverfolgt werden. Damit sei es möglich Schritt für Schritt „das wahre Ausmaß dieser Kriminalität zu erkennen und auch unerkannte Missbrauchsfälle zu erkennen“, sagte Münch. Man könne bereits jetzt prognostizieren, dass die Fälle weiter ansteigen werden. Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche als Schwächste der Gesellschaft seien „besonders zu verachten“, so der BKA-Chef.

Cyberkriminalität

Auch die Cyberkriminalität nimmt zu. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt mehr als 146.000 Fälle gezählt, was einem Anstieg um rund 12 Prozent entspricht. BKA-Präsident Münch beschrieb eine strukturelle Veränderung in den vergangenen Jahren: weg von der Eigentumskriminalität, hin zu Cyber-Delikten. Letztere haben sich seit 2015 etwa verdoppelt. Münch sprach von einer Verschiebung vom analogen Hellfeld ins digitale Dunkelfeld. Während Eigentumsdelikte sehr häufig angezeigt würden, sei die Anzeigequote bei der Cyberkriminalität sehr gering. Digitale Vernetzung, grenzüberschreitende Kriminalität und riesige Datenmengen stellen die Ermittlungsbehörden vor besondere Herausforderungen. Dennoch ist am Dienstag ein Erfolg gelungen: Der weltweit größte illegale Marktplatz im Darknet mit dem Namen „Hydra Market“ wurde von deutschen Behörden abgeschaltet. Innenministerin Faeser sprach von „einem der bedeutendsten Ermittlungserfolge“.

Taten gegen Kriegsflüchtlinge

Auch sexuelle Übergriffe und Taten gegen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine kamen bei der Vorstellung der Kriminalstatistik zur Sprache. „Es ist nur sehr schwer zu ertragen, wenn man von Taten hört, bei denen die Not der Geflüchteten ausgenutzt wird“, sagte Faeser. „Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um diesen Menschen wieder ein Gefühl von Sicherheit zu geben“. Bei den Geflüchteten handelt es sich vor allem um Frauen, Kinder und alte Menschen. Insgesamt wurden bisher rund 200 Straftaten pro Woche gegen Ukraine-Flüchtlinge gezählt. Diese richteten sich laut BKA-Präsident Münch mehrheitlich gegen russischstämmige Menschen. Insgesamt wurden neun Fälle von sexualisierten Übergriffen gezählt, die meisten davon in Sammelunterkünften. Zudem gebe es viele Verdachtsfälle.

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