Gipfel zur Jugendgewalt in Berlin Giffey vertagt konkrete Maßnahmen nach Silvester-Krawallen

Berlin · Nach den Krawallen in der Silvesternacht hat Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey mit Experten aus Senat, Bezirken und Zivilgesellschaft über die Konsequenzen beraten. Die Teilnehmer zeigen sich danach optimistisch, doch konkrete Beschlüsse gibt es auch zwei Wochen später nicht.

Die Bürgermeisterin der Stadt Berlin, Franziska Giffey, lud Politiker und Experten zu einem Treffen gegen Jugendgewalt ein.

Die Bürgermeisterin der Stadt Berlin, Franziska Giffey, lud Politiker und Experten zu einem Treffen gegen Jugendgewalt ein.

Foto: dpa/Fabian Sommer

Die Erwartungen an das Treffen im Berliner Rathaus waren groß. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte rund 30 Vertreter von Politik, Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz sowie der Integrations- und Sozialarbeit am Mittwoch zu einem Gipfel gegen Jugendgewalt eingeladen. Nach den Krawallen in der Silvesternacht standen vor allem die Konsequenzen und das weitere Vorgehen zur Diskussion. Während Kritiker den Gipfel als „Wahlkampfmanöver“ bezeichneten, waren auch manche Teilnehmer skeptisch über den Ausgang des Treffens – zeigten sich aber im Anschluss doch zufrieden über die Ergebnisse.

„Ich habe nicht allzu viel erwartet“, sagte Elvira Berndt, Geschäftsführerin des Straßensozialarbeitsvereins Gangway. Ihr Verein habe schon oft das Gefühl gehabt, nicht ausreichend gehört zu werden, wenn über die Lebenslage junger Menschen in dieser Stadt geredet werde. Dementsprechend skeptisch war sie vor dem Treffen. „Ich bin jetzt nach dem Termin durchaus optimistisch, weil ich eine außerordentlich offene Runde erlebt habe, wo ich das Gefühl hatte, dass alle über das gleiche Thema geredet haben“, sagte Berndt. Und das auch mit den Betroffenen: „Ich finde es schön, dass einfach mal mit uns geredet wird, statt über uns“, sagte Philipp José Richter (27), der die Arbeit des Vereins unterstützt.

Der Redebedarf war groß – genau wie der Handlungsbedarf. Daran ließ die Regierende Bürgermeisterin keinen Zweifel. „Es ist ganz deutlich, dass die Ereignisse der Silvesternacht eine Zäsur sind, für die Arbeit, die in Berlin zu leisten ist“, sagte Giffey. Nun sei eine konsequente Strafverfolgung sowie die Unterstützung und Ausstattung der Polizei und Justiz notwendig. Doch damit nicht genug: „Wir haben auch die Aufgabe, uns über die tiefer gehenden Probleme, die mit diesen Ereignissen der Silvesternacht verbunden sind, auseinanderzusetzen und genauer hinzuschauen, wie es dazu kommen konnte“, so die Politikerin. Deshalb dürfe der Gipfel kein einmaliges Ereignis bleiben, vielmehr soll er laut Giffey der Beginn eines Arbeitsprozesses und „einer konzertierten Aktion“ sein – für mehr Respekt und gegen Jugendgewalt in Berlin.

Diese Aktion soll vier Arbeitsfelder umfassen: das Anknüpfen an die familiäre Situation, die außerschulische Jugendsozialarbeit, die Schaffung von Orten für Jugendliche und die Strafverfolgung. Dabei gelte „der Grundsatz der ausgestreckten Hand, aber auch des klaren Stopp-Signals, wenn Straftaten begangen werden“, so Giffey. Am 22. Februar werde ein weiteres Treffen mit den Akteuren stattfinden. Erst dann will Giffey konkrete Maßnahmen und deren Finanzierung vorstellen. Für die Umsetzung will die Regierende Bürgermeisterin einen mehrstelligen Millionenbetrag einplanen. „Wir haben eine Verantwortung, die Stadt gut durch die Krise zu bringen – auch über den Wahltermin hinaus“, sagte Giffey. Deshalb bestehe ein allgemeines Verständnis darüber, die Ergebnisse des Gipfels mit entsprechenden finanziellen Mitteln auszustatten.

Doch die Diskussion um die Konsequenzen aus der Silvesternacht hält an und nimmt an Schärfe zu. CDU-Parteichef Friedrich Merz verwies darauf, dass viele Täter bei den Berliner Krawallen in der Silvesternacht einen Migrationshintergrund gehabt hätten. Er sprach am Dienstagabend in der Fernsehsendung „Lanz“ von „kleinen Paschas“ in Schulen und Jugendlichen aus dem arabischen Raum, „die nicht bereit sind, sich hier an die Regeln zu halten, die Spaß daran haben, diesen Staat herauszufordern“.

Den Gipfel hielt er hingegen für wenig erfolgversprechend, vielmehr sah er darin eine reine Wahlkampfaktion, wie Merz unserer Redaktion sagte. „Frau Giffey und die Berliner SPD hatten in den letzten Jahren genug Zeit, die Probleme anzupacken. Sie kennt doch das Chaos in der Stadt. Ein runder Tisch bringt da nichts“, ergänzte er.

Giffey zufolge liege das Problem jedoch tiefer. Viele der Täter hätten eine deutsche Staatsbürgerschaft. Es handle sich hierbei nicht um Menschen, die nach Deutschland gekommen seien und die Regeln missachteten, sondern um „Berliner Kinder, die Ausgrenzung erlebt haben“. Deshalb sei es keine konstruktive Lösung, nach den Vornamen der Täter zu fragen. Vielmehr müsse gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden, wie man diesen Menschen eine Perspektive bieten könne.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort