Berlin Kraft zweifelt an Integrationsgipfel

Berlin (RP). Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat die Integrationsgipfel der Bundesregierung in Frage gestellt. "Ich halte nichts von den ganzen Gipfeln", sagte sie gegenüber unserer Redaktion. Auch den Gipfel am Mittwoch im Kanzleramt empfindet die SPD-Politikerin als "zu wenig konkret, als dass er einen Schub für die Integrationspolitik geben könnte".

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Foto: RP/Jürgen Laaser

Die Veranstaltung habe für sie keinen Neuigkeitswert gehabt. Das Thema müsse konkret angegangen werden. Deshalb sei NRW mit einem eigenen Integrationsgesetz auf dem richtigen Weg. "Wir werden unter anderem das anonymisierte Bewerbungsverfahren im öffentlichen Dienst auf den Weg bringen, um Herrn Yüksel bei der Bewerbung die gleichen Startchancen zu geben wie Frau Mustermann", kündigte Kraft an.

Erfolge in der Integration sollen künftig klarer messbar sein. Zu diesem Ergebnis ist der vierte Integrationsgipfel der Bundesregierung mit Vertretern von Migrationsgruppen, Wirtschaft, Sport, Medien und Politik im Kanzleramt gekommen. So soll zum Beispiel der Anteil der Schulabbrecher mit Migrationshintergrund von derzeit 13 Prozent der Schüler auf die unter deutschen Jugendlichen üblichen sechs Prozent gesenkt werden, und zwar bis 2012. Auch an vielen Dutzend anderen Stellen soll es exakte Zielvorgaben mit nachfolgender Erfolgs- beziehungsweise Misserfolgskontrolle geben.

Merkel mit Gipfel zufrieden

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich nach dem zweistündigen Gipfel mit rund 120 Teilnehmern zufrieden. Innerhalb der nächsten fünf bis sieben Jahre solle der gesamte Bedarf an Integrationskursen gedeckt werden. Dann hätten 1,8 Millionen Menschen diese Möglichkeit bekommen — und die Politik binnen zehn Jahren das nachgeholt, was in den 30 Jahren davor versäumt worden sei. Aber auch danach bleibe noch viel zu tun.

Die Kanzlerin lobte das gewandelte Klima. Im Gegensatz zum Start vor vier Jahren habe jetzt eine Art "Arbeitsatmosphäre" geherrscht, in der auch kontroverse Diskussionen, etwa über Gewalt an Schulen oder "männliche Verhaltensmuster", möglich gewesen seien. Im Beisein von Kenan Kücük, dem Geschäftsführer des Multikulturellen Forums, musste die Kanzlerin auch ihren Satz über das "Scheitern von Multikulti" erläutern. Damit habe sie den Ansatz gemeint, wonach man Menschen einfach nebeneinander leben lasse, ohne sich um Integration kümmern zu müssen, sagte sie.

(RP)
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