Ermittlungen laufen Korruptionsverdacht bei Asyl-Amt

Berlin · In rund 1200 Fällen soll die Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Bremen unrechtmäßig Asyl gewährt haben. Auch Flüchtlinge aus NRW sollen profitiert haben.

 Bis zu 1200 Asylverfahren stehen unter Verdacht, unregelmäßig abgelaufen zu sein.

Bis zu 1200 Asylverfahren stehen unter Verdacht, unregelmäßig abgelaufen zu sein.

Foto: dpa, dka tba kne

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) muss sich einem Korruptions-Skandal um Asylbescheide stellen. In rund 1200 Fällen soll die Bremer Außenstelle der Bundesbehörde unrechtmäßig positive Asylbescheide ausgestellt haben — das berichten NDR, Radio Bremen und Süddeutsche Zeitung.

Das Bundesamt bestätigte gegenüber unserer Redaktion ein "Ermittlungsverfahren wegen Verleitung zum Asylmissbrauch gegen eine Mitarbeiterin". Unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorfalls sei durch das Bundesamt Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft gestellt worden, heißt es in einer Stellungnahme. Die Behörde verwies auch darauf, man arbeite eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen. Die betroffenen Fälle werden nun nach Angaben des Bamf überprüft. Die verantwortliche Beamtin sei von ihren Aufgaben entbunden worden.

Bislang setzt sich folgendes Bild zusammen: In den Jahren zwischen 2013 und 2017 soll die Bremer Bamf-Außenstelle in 1200 Fällen unrechtmäßig positive Asylbescheide überwiegend an Jesiden ausgestellt haben. Nur 98 Fälle davon sollen überhaupt in ihren Zuständigkeitsbereich gefallen sein. So sollen auch Flüchtlinge aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen die unberechtigten Bescheide erhalten haben. Einem Anwalt aus Hildesheim wird vorgeworfen, für die Flüchtlinge Bustransporte nach Bremen organisiert zu haben. Insgesamt soll die Leiterin der Bamf-Außenstelle mit drei Rechtsanwälten zusammengearbeitet haben.

Nach Recherchen des Norddeutschen Rundfunks flogen die Praktiken auf, als eine Familie aus Niedersachsen kurz vor der geplanten Abschiebung plötzlich einen positiven Asylbescheid aus Bremen erhielt. Verdacht schöpften die Ermittlungsbehörden wohl auch, weil Bremen mit 96 Prozent eine im Vergleich der Bundesländer sehr hohe Schutzquote hat. Die Ermittlungsbehörden befassen sich demnach auch mit dem Verdacht der Bestechlichkeit der Beamtin. Sie soll private Restaurant-Einladungen der Betroffenen angenommen haben.

Die Reaktionen aus Berlin auf den Skandal fielen gestern eher zurückhaltend aus. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, es gehe erst einmal darum, die "sehr ernsthaften Verdachtsmomente" aufzuklären. SPD-Innenexperte Burkhard Lischka betonte, er habe einen Bericht des Bundesinnenministeriums zu den Vorwürfen auf die Tagesordnung im nächsten Innenausschuss setzen lassen. Dort fordere er umfassende Aufklärung, sagte Lischka.

Eine Überprüfung der Abläufe bei Asylverfahren kündigte Innenstaatssekretär Günter Krings (CDU) an. Die Regierung werde den Fall zum Anlass nehmen, "sehr zügig nochmals dafür zu sorgen, dass die Abläufe bei Asylentscheidungen sehr gründlich und kritisch untersucht werden". Krings verwies allerdings auch darauf, dass bereits eingeführte Verbesserungen wie das Vier-Augen-Prinzip bei Asylentscheidungen schon heute eine sehr wirksame Vorkehrung gegen Manipulationen darstellten.
Noch unlängst hatte Innenminister Horst Seehofer (CSU) die Leitung und die Mitarbeiter des Bamf für ihre "hervorragende Arbeit" gelobt. Er betonte aber auch, dass die Behörde mehr Personal benötige. So soll das Bundesamt die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Anker-Zentren mit verantworten, wo Flüchtlinge von der Ankunft bis zur Entscheidung über ihren Schutzstatus bleiben sollen.

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