Korruptionswahrnehmungsindex Deutschland anfälliger für Bestechung aus dem Ausland

Berlin · Maskenaffäre, Aserbaidschan-Verstrickungen und Cum-Ex-Finanzskandal — Bestechlichkeit ist auch in der Bundesrepublik ein drängendes Problem. Im Korruptionswahrnehmungsindex der Organisation Transparency International erhält Deutschland daher die schlechteste Bewertung seit 2014.

 Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im August in einer Sitzung des Cum-Ex-Untersuchungsausschusses der Hamburger Bürgerschaft.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im August in einer Sitzung des Cum-Ex-Untersuchungsausschusses der Hamburger Bürgerschaft.

Foto: dpa/Christian Charisius

Bei der Bekämpfung von Korruption in Politik und Verwaltung tritt Deutschland seit nunmehr zehn Jahren auf der Stelle. Das geht aus dem Korruptionswahrnehmungsindex 2022 hervor, den Transparency International am Dienstag in Berlin veröffentlicht hat. „Zwar stehen wir im internationalen Vergleich relativ gut da, weil zum Beispiel Alltagskorruption in Polizei oder Verwaltung hierzulande kaum eine Rolle spielt. Doch Skandale wie die Maskenaffäre oder Cum-Ex haben zuletzt das Vertrauen in die Integrität von Politik und Wirtschaft geschwächt“, sagte Margarete Bause, Vize-Chefin von Transparency Deutschland.

Deutschland verliert im Vergleich zum Vorjahr leicht und erhält auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) 79 Punkte – die niedrigste Punktzahl seit 2014. Damit erreicht die Bundesrepublik im internationalen Vergleich den neunten Rang. Dänemark ist wie im Vorjahr Spitzenreiter mit 90 Punkten, dicht gefolgt von Finnland und Neuseeland (jeweils 87 Punkte).

Den letzten Platz belegt Somalia mit zwölf Punkten. Auch die Ukraine hat (33 Punkte, Platz 116) schlecht abgeschnitten. Allerdings ist in den vergangenen zehn Jahren eine positive Tendenz zu erkennen. Zu den Ländern, die am meisten Punkte eingebüßt haben, zählen die Türkei (36 Punkte) und Ungarn (42 Punkte). In beiden Staaten wurde die Unabhängigkeit der Justiz, Medien und Zivilgesellschaft beschnitten.

Die Nichtregierungsorganisation sieht Korruption als strategisches Instrument der Außenpolitik autokratischer Regime. So sei auch die Demokratie in Gefahr. „Weltweit setzen autokratische Staaten Korruption als Waffe ein, um ihre Interessen durchzusetzen und die politische, soziale und wirtschaftliche Stabilität in demokratischen Ländern auszuhöhlen. Das Ziel sind insbesondere Europa und Deutschland“, sagte die Vorsitzende Alexandra Herzog.

Zuletzt ließen mehrere Korruptionsskandale aufhorchen: Aserbaidschan ließ eine Reihe deutscher Politiker Geld und Vorteile im Gegenzug für wohlwollende Äußerungen zukommen. Katar und Marokko erkauften sich laut Medienberichten die Unterstützung führender Europaabgeordneter. Und auch Russland habe sich über Jahre mithilfe finanzieller Mittel ein Einflussnetzwerk auf Bundes- und Landesebene aufgebaut, so Herzog. Deutschland müsse Korruptionsbekämpfung daher zur Priorität machen. „Ein erster Schritt wäre es, die Bekämpfung von Korruption in der Nationalen Sicherheitsstrategie zu verankern. Außerdem muss Deutschland deutlich stärker gegen Geldwäsche und verdeckte transnationale Geldströme vorgehen“, sagte Herzog.

Die Bundesregierung plant unterdessen, den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit zu konkretisieren. Im Frühjahr soll ein Gesetzentwurf eingebracht werden. Zudem brauche es ein Unternehmenssanktionsrecht, das internationalen Standards entspricht, so Dirk Wiese, Vize-Fraktionschef der SPD im Bundestag. „Wir brauchen ein Gesetz, das Regelverstöße verhindert, Kooperation mit Ermittlungsbehörden erleichtert und auch effektive Sanktionen ermöglicht“, sagte Wiese.

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