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Exklusiv-Interview mit Andreas Pinkwart "Konsequenter gegen Leistungsverweigerer"

(RP). FDP-Vize Andreas Pinkwart mischt sich in die Hartz-IV-Debatte ein. Wer eine zumutbare Arbeit ablehnt, solle von den Job-Centern künftig konsequenter bestraft werden. Das sagt er im Exklusiv-Interview mit unserer Redaktion.

Studenten buhen Pinkwart aus
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Die Job-Center können die Hartz-IV-Bezüge beim ersten Mal um 30 Prozent für drei Monate, beim zweiten Mal sogar um 60 Prozent kürzen. Die Bundesagentur für Arbeit hatte aber unlängst eingeräumt, dass die Arbeitsvermittler in den Job-Centern diese Regelungen bisher nur sehr zögerlich anwenden.

Herr Prof. Pinkwart, Ihr Parteivorsitzender möchte einen anderen Sozialstaat. Aber er sagt nicht, wie der eigentlich aussehen soll.

Pinkwart: Bei Hartz IV haben wir schon wichtige Weichen zur Fortentwicklung des Sozialstaats gestellt. Zum Beispiel haben wir dafür gesorgt, dass das anrechnungsfreie Schonvermögen von Hartz-IV-Empfängern angehoben wurde. Im Koalitionsvertrag steht zudem, dass wir die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Hartz-IV-Empfänger verbessern wollen. Am Ende des Prozesses steht unser Modell des Bürgergeldes: Darin würden alle Sozialleistungen gebündelt. Hartz IV, Sozialgeld, Kindergeld, Wohngeld, alles das wäre darin enthalten.

2005 hat die FDP errechnet, dass das Bürgergeld, das jeder Bedürftige bekommen soll, bei monatlich 662 Euro liegen müsste. Die Hartz-IV-Leistungen liegen aber vielerorts deutlich darüber. Wie wollen Sie das den Menschen erklären?

Pinkwart: Wir haben damals den bundesweiten Durchschnitt der ALG-II-Leistungen zur Grundlage genommen. Auf dem Land bekommen Hartz-IV-Empfänger wegen der geringeren Mieten weniger als in den Städten. Auch beim Bürgergeld würde der Stadtbewohner natürlich mehr bekommen.

Trotzdem haben viele Menschen den Verdacht, die FDP wolle die Bezüge bei Hartz IV kürzen. Ihr Berliner Parteifreund Martin Lindner fordert dies öffentlich. Sie auch?

Pinkwart: Nein, die FDP wird die Gesamtleistungen für Hartz-IV-Empfänger nicht senken. Wenn es zu mehr kostenlosen Sachleistungen für Kinder und Erwachsene käme, was ich für sehr sinnvoll hielte, müsste man auf der anderen Seite direkte Zahlungen geringer ansetzen, zum Beispiel durch Pauschalierungen bei den Wohnzuschüssen.

Wann soll denn der Umbau des Sozialstaats beginnen?

Pinkwart: Der Koalitionsvertrag und das Hartz-IV-Urteil sind für mich Anlass genug, damit sofort zu beginnen.

Welche Sachleistungen können Sie sich denn vorstellen?

Pinkwart: Schon bei den Härtefällen müssen wir ab sofort ansetzen: Wir sollten prüfen, mehr Sachleistungen durch die Kommunen vor Ort anstelle direkter Zahlungen vorzusehen, nicht nur bei Kindern, auch bei Erwachsenen.

Müssen Leistungsverweigerer härter bestraft werden?

Pinkwart: Die bisherigen Regelungen sind ausreichend, die Frage ist nur, wie sie umgesetzt werden. Wenn wir jetzt die Betreuung in den Job-Centern weiter verbessern, was wir ja vorhaben, dann müssen die Bezüge arbeitsfähiger Hartz-IV-Empfänger, die zumutbare Arbeit verweigern, auch konsequenter gekürzt werden. Wer arbeitsfähig ist, sollte auf staatliche Hilfe grundsätzlich nur Anspruch haben, wenn er auch zur Gegenleistung bereit ist. Die Niederländer bezeichnen dies treffend als Workfare.

Wie sollen die Hinzuverdienstmöglichkeiten verbessert werden?

Pinkwart: Neben dem Freibetrag von 100 Euro könnte das Bruttoeinkommen bis zu 600 Euro zu 40 Prozent anrechnungsfrei gestellt werden. Was darüber hinaus geht, könnte zu 60 Prozent freigestellt werden.

Aber das wird ja teuer!

Pinkwart: Ich gehe davon aus, dass sich staatliche Mehreinnahmen ergeben, weil ja die Hartz-IV-Ausgaben insgesamt sinken, wenn die Leute mehr arbeiten.

Arbeitsministerin von der Leyen möchte mehr Branchen-Mindestlöhne schaffen, zum Beispiel im Einzelhandel. Der richtige Weg?

Pinkwart: Wir tun gut daran, die Lohnfindung den Tarifparteien zu überlassen. Die Politik soll sich nicht in alles einmischen. Für die FDP ist ein bedarfsorientiertes Mindesteinkommen wichtig: Jeder, der bedürftig ist, bekommt das zur Sicherung eines menschenwürdigen Lebens notwendige Bürgergeld ausgezahlt.

Wie geht es weiter im NRW-Wahlkampf?

Pinkwart: Wir werden den Bürgern klar sagen, was sie mit einer Fortsetzung der FDP-Regierungsbeteiligung erwarten können: Beste Bildung, starke Innovation, Aufstiegschancen. Und was sie erwarten müssen, wenn die Grünen regieren: Einheitsschule, Arbeitsplatzabbau, Staatsgläubigkeit. Guido Westerwelle und ich werden bis zur Wahl am 9. Mai mindestens zehn gemeinsame Auftritte in NRW haben.

Hatten Sie zwischenzeitlich Mitleid mit Ihrem Parteivorsitzenden, den manche Medien zum Deppen der Nation gekürt haben?

Pinkwart: Guido Westerwelle hat eine wichtige Debatte angestoßen. Die Grünen wollen 20 Milliarden mehr für Hartz IV ausgeben - als reine Alimentation, obwohl die Staatskassen ja angeblich restlos leer sind. Die FDP will einen modernen Sozialstaat, der den Menschen wieder Chancen auf Teilhabe einräumt, ihre Aktivität anregt und damit sie selbst und unser Land reicher macht.

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