„Untragbares wirtschaftliches Risiko“ Kommunen wollen 49-Euro-Ticket scheitern lassen

Exklusiv | Berlin · Die Kommunen gehen auf die Barrikaden gegen das 49- Euro-Ticket. Sie drohen sogar mit einer Blockade, falls der Bund und die Länder bei der Finanzierung nicht kräftig nachlegen. Der Fahrschein sei wirtschaftlich untragbar, heißt es.

 Die Kommunen wollen das 49 Euro-Ticket, für das derzeit die Planungen laufen, blockieren.

Die Kommunen wollen das 49 Euro-Ticket, für das derzeit die Planungen laufen, blockieren.

Foto: dpa/Martin Schutt

Vor der Sonderkonferenz der Verkehrsminister in der kommenden Woche drohen die kommunalen Spitzenverbände damit, das 49-Euro-Ticket scheitern zu lassen. Nach Informationen unserer Redaktion beklagen Städtetag, Landkreistag sowie Städte- und Gemeindebund in einem gemeinsamen Schreiben an die Verkehrsminister und den Bundesfinanzminister, dass die Kosten nicht vollständig kompensiert werden. „Die Deckelung des Ausgleichsbetrags auf drei Milliarden Euro bei gleichzeitiger Festlegung eines Ticketpreises von 49 Euro wälzt ein untragbares wirtschaftliches Risiko auf die Verkehrsunternehmen und die kommunalen Aufgabenträger ab“, heißt es in dem vorliegenden Schreiben der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände.

„Die Kommunen sehen keine Möglichkeit, einen nicht auskömmlichen Tarif einzuführen. Sie können die drohenden zusätzlichen Kosten nicht schultern“, wird beklagt. Mit der Einführung des Deutschlandtickets werde das Finanzierungssystem des ÖPNV grundlegend verändert. „Insbesondere können Kostensteigerungen nicht über eine Erhöhung der Fahrgeldeinnahmen kompensiert werden.“ Die Kommunen könnten den bundesweit gültigen Fahrschein aber nur einführen, „wenn die dadurch ausgelösten Kosten vollständig kompensiert werden“ und durch eine „Nachschusspflicht“ sichergestellt sei, dass Bund und Länder die mit dem Ticket verbundenen Einnahmeverluste der kommunalen Aufgabenträger auch bei einem Überschreiten des bislang gedeckelten Rahmens von drei Milliarden Euro „vollständig ausgleichen“. Die Einigung zwischen Bund und Ländern biete dafür aber noch keine ausreichende Grundlage.

Darüber hinaus heißt es in dem Schreiben, aufgrund enormer Kostensteigerungen stünden vielerorts bereits Abbestellungen und Angebotseinschränkungen im Raum. „Die angekündigte Erhöhung der Regionalisierungsmittel um eine Milliarde Euro löst dieses Drohszenario noch nicht auf.“ Den vereinbarten Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV mit seinen ambitionierten Zielen könnten Städte, Landkreise und Gemeinden daher nicht unterzeichnen. Die Verkehrsminister der Länder treffen sich am nächsten Dienstag zu einer weiteren Sonderkonferenz, bei der es auch um die Ausgestaltung und den Starttermin des 49-Euro-Tickets gehen soll. Wahrscheinlich ist der 1. März oder der 1. April. Der zunächst genannte Termin 1. Januar ist dem Vernehmen nach vom Tisch. Als Gast wird auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) teilnehmen.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, bestätigte die Haltung der kommunalen Spitzenverbände: „Die gedeckelten Mittel für das Ticket reichen nicht, um es bundesweit zu starten und die Einnahmeverluste der Verkehrsunternehmen auszugleichen“, sagte Dedy unserer Redaktion. Bund und Länder müssten nun zusagen, „dass sie die realen Ticket-Kosten tragen. Wenn der Topf von drei Milliarden Euro jährlich alle ist, müssen sie nachschießen“, forderte Dedy. Das Deutschlandticket zum Festpreis sei für viele Menschen zwar attraktiv, „weil es einfach und preiswert sein soll“. Aber das nutzte nichts, wenn vor Ort zu wenige Busse und Bahnen fahren würden. „Außerdem ist das Deutschlandticket noch nicht seriös finanziert. Und der bitter nötige ÖPNV-Ausbau ist auf die lange Bank geschoben.“

Dedy ergänzte, die gestiegenen Kosten im ÖPNV durch Energie, Personal und Corona-Folgen würden die Defizite in die Höhe treiben. „Die zugesagten Bundesmittel sind ein Trostpflaster. Das reicht nicht, um alle aktuellen ÖPNV Angebote zu retten, geschweige denn auszubauen“, sagte der Hauptgeschäftsführer.

(has)
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