Kritik an Schäubles Plänen Kommunen rechnen mit Steueranstieg für Bürger

Berlin (RP). Auf viele Bürger könnten nach Einschätzung der kommunalen Spitzenverbände bald höhere Steuerbelastungen zukommen. Nach einem Plan von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der weitgehend auf Zustimmung der drei Verbände stößt, sollen die Gemeinden künftig einen Zuschlag auf die Einkommensteuer erheben dürfen, um ihre Finanzlage zu verbessern.

"Wir reden hier im Durchschnitt der betroffenen Steuerzahler von einigen hundert Euro pro Jahr", sagte Gerd Landsberg, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, unserer Zeitung. "Die Grundidee ist gut, weil sie die Kommunalfinanzen auf eine solidere Grundlage stellen würde. Für die Bürger mancher Gemeinde bedeutet das freilich, dass sie künftig örtlich höhere Steuern bezahlen müssten", sagte auch Hans-Günter Henneke, Geschäftsführer des Landkreistages.

Schäubles Plan wird bis Dezember geprüft und präzisiert. Ein Gesetz könnte frühestens 2012 in Kraft treten. Anders als bisher will Schäuble auch die Gewerbesteuer erhalten, da ihre Abschaffung gegen den Widerstand der Kommunalverbände nicht durchzusetzen ist. In der Regierungskoalition verursachen Schäubles Pläne neuen Zwist: FDP-Chef Guido Westerwelle hat intern bereits sein Veto gegen den Zuschlag eingelegt.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach am Samstag von einem bösartigen Vorschlag. sagte, eine kommunale Einkommensteuer führe dazu, dass die Städte die Steuern jedes Jahr erhöhen müssten, weil sie die Theater, Schwimmbäder, Kindergärten und weiterführenden Schulen vorhalten. Die kleinen Gemeinden im Umland müssten das nicht, sondern könnten Besserverdienende mit dem Versprechen abwerben: "Bei uns zahlt ihr weniger Steuern". Das verschärfe die Probleme der Städte noch.

Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, sagte, wenn künftig in Deutschland je nach Wohnort unterschiedliche Steuersätze gelten sollten, würde ein unverantwortlicher Dumpingwettlauf nach unten in Gang gesetzt. Schäuble stelle damit auch die in der Verfassung garantierte Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse infrage. Er befürchte, dass vor allem den strukturschwachen Regionen die Steuerzahler in Scharen davonlaufen würden. Die bestehenden Unterschiede zwischen den wirtschaftlich schwachen und finanzstarken Kommunen würden somit weiter zunehmen.

Städte sehen sich benachteiligt

Der Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) sagte, das Umland profitiere von den Leistungen der Städte, ohne diese mit finanzieren zu müssen. Werde eine kommunale Einkommensteuer eingeführt, müssten die Kernstädte diese Steuer deshalb als erste erhöhen. "Damit schaffen sie einen materiellen Anreiz für Besserverdiener ins Umland zu ziehen", sagte er. Zersiedelung der Landschaft und neue Pendlerströme wären die Folge.

Dagegen sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, er erwarte keine gravierenden Auswirkungen von einer kommunalen Einkommensteuer. "Man zieht nicht wegen Beträgen von 100 oder 200 Euro um", sagte er.

Der Geschäftsführer des Landkreistages, Hans-Günter Henneke, sagte: "Die Grundidee ist gut, weil sie die Kommunalfinanzen auf eine solidere Grundlage stellen würde. Allerdings bedeute dies für die Bürger mancher Gemeinde, dass sie künftig örtlich höhere Steuern bezahlen müssten.

Schäuble will den Kommunen zudem die staatliche Grundsicherung abnehmen, die ältere Menschen erhalten, wenn ihre Rente nicht zum Leben ausreicht. Dafür fallen jährlich bereits fast vier Milliarden Euro an, Tendenz steigend.

Das Geld für die Grundsicherung will Schäuble aufbringen, indem er den Zuschuss an die Bundesagentur für Arbeit (BA) schrittweise reduziert. Die BA erhält bisher die Einnahmen aus einem Mehrwertsteuerpunkt oder acht Milliarden Euro pro Jahr. Da die Arbeitslosigkeit weiter sinken dürfte, wird die Arbeitslosenversicherung mittelfristig immer weniger Geld benötigen, so Schäubles Kalkül.

(RP/DAPD)
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